Von Ralph Schermann
Künftig soll die Feuerwache Krölstraße allein der Berufsfeuerwehr vorbehalten sein. Ein zweiter Standort ist An der Weißen Mauer im ehemaligen Getreidelager geplant. Dort werden die freiwilligen Ortsfeuerwehren Stadtmitte und Klingewalde/Königshufen zu einer leistungsstarken Innenstadtfeuerwehr zusammengeführt. Auch wird es einen gemeinsamen Standort für die Ortsfeuerwehren Kunnerwitz und Klein-Neundorf geben.
„Effektive Standorte sind wichtig für die Zukunft der Görlitzer Feuerwehr“, sagt ihr Leiter Einsatz, Michael Schuhmacher-Gutzke. Er begründet: „Die Verschmelzung bringt Vorteile in der Bereitstellung der Technik, der Ausbildung sowie der Einsatzabwicklung.“ Vor allem sichert die neue Standortverteilung überall in Görlitz die Einhaltung jener Zeiten, die zwischen Alarmierung und Eintreffen vor Ort vorgeschrieben sind. Neben den neuen Standorten verbleiben die Gerätehäuser in Ludwigsdorf, Weinhübel und Hagenwerder.
Mit den neuen Standorten arbeitet die Görlitzer Feuerwehr bereits an Plänen, die das sächsische „Konzept Freiwillige Feuerwehr 2020“ den Kommunen empfiehlt. Innenminister Markus Ulbig (CDU) hatte die 125 Seiten soeben vorgestellt und damit Ergebnisse einer vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (Ivi) wissenschaftlich begleiteten Arbeitsgruppe präsentiert. Ein Schwerpunkt liegt auf der Tageseinsatzbereitschaft der Kameraden freiwilliger Wehren. Da viele Ehrenamtler mittlerweile außerhalb arbeiten, ist die Konzentration mehrerer Wehren sinnvoll. Die Görlitzer Feuerwehr hatte innerhalb der neuen Konzeption aber auch einen Heimvorteil: „Da wir Mitglied der Arbeitsgruppe sind, konnten wir genau jene Fragen einbringen, die uns derzeit bewegen“, informiert Schuhmacher-Gutzke. Zu diesen gehört, wie die Einsatzbereitschaft angesichts veränderter Lebensgewohnheiten der jüngeren Generationen und der demografischen Entwicklung gesichert werden kann. Das Ivi hat eine Software entwickelt, mit der eine Analyse durchgeführt wurde. Auf dieser Grundlage können notwendige Ergänzungen der Brandschutzbedarfspläne erkannt werden.
Die Umsetzung ist jedoch ein anderes Thema. So hatte das Fraunhofer-Institut bereits 2012 nachgewiesen, dass sechs weitere Stellen für die Berufsfeuerwehr nötig wären. So wurde es auch in die Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes aufgenommen und vom Stadtrat beschlossen. Dabei bleibt es aber, denn mehr Geld als für die 62 Stellen der Berufsfeuerwehr hat Görlitz nicht. Bürgermeister Michael Wieler: „Die Notwendigkeit ist nachvollziehbar, finanziell aber nicht machbar.“ Stadtwehrleiter Uwe Restetzki ist sich zudem bewusst, dass Bedarfspläne feuerwehrintern kontrovers diskutiert werden, vor allem aus den Reihen der Freiwilligen. Die Diskussionen um neue Gerätehäuser in Hagenwerder und Kunnerwitz beispielsweise dauern ihnen viel zu lange, und sie würden Innenminister Markus Ulbig gern beim Wort nehmen: „Sachsen setzt auf Feuerwehren mit moderner Technik.“
Ohnehin steht viel in dem Konzept, was längst bekannt ist, im Alltagsleben der Wehren aber gelegentlich vernachlässigt wird. Da müsse die Jugendfeuerwehr mehr gefördert werden, heißt es zum Beispiel, und die Ausstrahlung insgesamt attraktiver werden. Tatsächlich denkt der Freistaat darüber nach, die Mittel dafür zu erhöhen, berät derzeit sogar über besser aussehende Uniformen. Die Brandschutzerziehung an den Schulen sei zu stärken, ein gutes Verhältnis zwischen Berufs- und freiwilligen Wehren sowieso. Damit alles überschaubar bleibt, forderte Stadtrat Matthias Urban (CDU) bereits vor zwei Jahren, den Görlitzer Brandschutzbedarfsplan nicht alle fünf, sondern alle drei Jahre zu aktualisieren, was der Stadtrat auch so beschloss.
Viele kleine Schritte hat Görlitz bereits für die Ortswehren getan, es gibt mittlerweile auch materielle Anreize, dennoch bleibt die Mitgliedschaft in einer Freiwilligen Feuerwehr ein Ehrenamt. Mehr Personal dafür zu bekommen, um eben die Einsatzzeiten und -stärken sichern zu können, bedarf es dringend neuer Wege. Denn gab es in den Görlitzer Einsatzabteilungen 2006 noch 144 freiwillige Wehrleute, sind es heute nur 111, und unter diesen fehlen für die Brandbekämpfung zugelassene Atemschutzgeräteträger. Moderne Autos und Gerätehäuser können motivieren und bei der Mitgliedergewinnung helfen, sind aber nicht alles. Michael Schuhmacher-Gutzke beschreibt daher die Konzeption als richtigen Weg, dessen Ziel noch weit sei. Und der stellvertretende Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen, Karl-Heinz Filusch, sieht in dem Papier vor allem lediglich Lösungsansätze und betont: „Wichtig ist es, die gemachten Erfahrungen zu erfassen, damit das Konzept auch fortgeschrieben wird.“