SZ +
Merken

Scharf auf die Säge

Kurios. Ein Forstmann aus dem Örtchen Malter besitzt 65 Fällmaschinen. Langsam geht ihm der Platz zur Lagerung aus.

Teilen
Folgen

Von Jörg Stock

Sammler müssen ein bisschen verrückt sein. Wolfgang Hübner weiß das. „Mein Problem ist nur, dass Kettensägen keine Briefmarken sind.“ Herumtragen kann der ergraute Endfünfziger seine Sammlung bloß im Foto-Album. Die Originale nehmen bei ihm zu Hause eine Garage in Beschlag. Und auch hier, an seinem Arbeitsplatz in der Forstausbildungsstätte Grillenburg, parkt ein gutes Duzend Exemplare.

Wolfgang Hübner, Forstwirtschaftsmeister aus Malter, ist scharf auf scharfes Werkzeug. Seit der Wende hat er 65 Motorkettensägen zusammengetragen. Und obwohl die Lagerkapazitäten schon knapp werden, bleibt er seiner Leidenschaft treu. Erst vor zwei Wochen brachte ihm ein Sammler aus Thüringen ein weiteres Stück. Immerhin nahm der dafür ein Gerät aus Hübners Kollektion mit. „Das hatte ich doppelt.“

Rettung vor der Schrottpresse

Ihren Anfang nahm Wolfgang Hübners Sammelleidenschaft mit dem Ende der DDR. Alte Technik flog in den Schrott, das konnte der Forstmann nicht ertragen. „Angefangen hat es mit dem Relikt da drüben“, erklärt er und deutet auf ein graues Ungetüm in der Werkstatt-Ecke. Es ist eine Säge der Marke Faun, hergestellt 1964 im thüringischen VEB Werkzeugunion Steinbach-Hallenberg. Ein Sechs-PS-Gerät, entdeckt bei einem Bauern in Naundorf. Leider mit Kolbenfresser. „Da habe ich aus zwei Sägen eine gemacht.“

Roter Faden in Hübners Arsenal ist die Entwicklung der Stihl-Sägen. Firmengründer Andreas Stihl, „Vater der Kettensäge“, brachte 1929 in Stuttgart seine erste „Baumfällmaschine“ auf den Markt. Schon vorher hatte es transportable Sägeapparate gegeben, mit denen liegende Stämme auf Länge gebracht wurden. Mit der „Stihl A“ konnte man sie nun auch vom Stock schneiden.

Dieser Sägen-Methusalem ist eines von Hübners liebsten Stücken. Auf das Gerät stieß er bei einem Transportunternehmer. Das Werkzeug wiegt 46 Kilo und wurde von zwei Leuten bedient. Der Griffstückführer packte es mit beiden Händen, wie eine Schubkarre, und gab Gas. Der Handstückführer auf der anderen Seite des Schwerts sorgte für die Kettenspannung und den Ölnachschub. Wie viel das Gerät heute wert ist, weiß der Besitzer nicht. Jedenfalls ist es eine Rarität, sagt er. „Das sind ideelle Werte.“

Hübner zeigt weitere Paradestücke. Zum Beispiel eine BBü, sprich Baumbügelsäge. Das Werkzeug aus dem Jahr 1936 wurde zum Zerteilen von Stämmen auf Holzplätzen genutzt. 1958 erblickte die erste direkt angetriebene Einmann-Motorsäge das Licht der Welt, getauft auf den Namen Solo Rex. Natürlich steht sie auch bei Hübner im Depot, arg zerschrammt zwar, doch für den Sammler sind die Schmarren Ehrenzeichen. „Die hat einige Meter Holz gesägt“, meint er lobend.

Weltmeisterpokal aus Holz

Dass die Säge praktisch Schrott ist, kümmert Wolfgang Hübner wenig. Viele seiner Exponate leiden unter irreparablen Schäden. Ihm reicht’s, wenn am Objekt Entwicklung und Funktionsprinzip deutlich werden. Als Lehrausbilder hat er früher seine Schüler mit den Exponaten zum Staunen gebracht. Auch heute nutzt er sie noch bei Säge-Lehrgängen als Anschauungsmaterial.

Die Eleven – mit dem Faible des Meisters bekannt gemacht – sorgen wiederum für Zuwachs in der Sammlung. „Ich hab’ da noch so ’n Ding rumliegen“, schallt es dann meist aus dem Telefonhörer und Wolfgang Hübner greift zu. Er zog zum Beispiel die legendäre Stihl Contra an Land, mit der sich ab 1959 die Motorisierung der Waldarbeit weltweit durchsetzte. Ein besonderes Stück ist auch das russische Schneidwerkzeug der Marke Taiga. „Die kommt von der Trasse“, erklärt Hübner stolz.

Der Malteraner sammelt aber nicht nur Sägen und redet über sie – er benutzt sie auch. Wer den Garten seines Eigenheims besichtigt, der kann eine 23 Meter lange Holzkette bestaunen, herausgesägt aus einem einzigen Fichtenstamm. Auch ein Paar Waldarbeiterstiefel, einen Bierkrug, sogar den Fußballweltmeisterpokal erschuf Hübner mit seinen Kettensägen.

Leihgabe fürs Museum

Aber wie gesagt: Eigentlich hat der Forstmann gar keinen Platz für die vielen Werkzeuge. Gerne würde er sie irgendwo ausstellen, als Dauerleihgabe einem Museum überlassen. „Wem nützt es, wenn die Sägen in meiner Garage rumstehen“, sagt er. Bislang hat sich aber noch kein Interessent für die Sammlung gefunden. Zu speziell ist das Thema, meint der Eigentümer. Doch er sucht weiter. „Ein paar Ideen habe ich noch. Mal sehen, was draus wird.“