Von Stefan Rössel
Voller Stolz verkündete das städtische Presseamt, dass bis zum Ende dieses Monats 225 neue Wegweiser für Radfahrer im Stadtgebiet angebracht werden sollen. Jetzt gibt es eine „Radroute West-Ost“ und eine zwischen Nord und Süd. Was in vielen deutschen Städten als Selbstverständlichkeit gilt, ist in Dresden eine Errungenschaft. Aber postwendend kam Kritik von Christoph Schimke, dem Sprecher der Grünen Jugend in der Stadt: „Hier wird der schlechte Status quo beschildert.“ Am Pirnaischen Platz zum Beispiel hat er ein solches Schild mitten auf der Kreuzung entdeckt. Die Folgerung: „Sie sind in Wahrheit Eingeständnisse, dass es hier keinen besseren Fahrradweg gibt.“
Guter Wille - alte Praxis
Seit einigen Monaten gibt es in Dresden einen Radverkehrsbeauftragten. Peter Tatzel in der Hauptabteilung Mobilität macht diesen Job. Da muss er eine Menge Überzeugungsarbeit zunächst in der Verwaltung leisten. Denn bei der Straßenplanung stehen Radfahrer offenbar an hinterster Stelle in der Liste der Anforderungen. Im vorigen Jahr wurde die Leipziger Straße teilweise ausgebaut. Für Radfahrer hat sie sich als reines Ärgernis herausgestellt, weil sie oft gefährliche Schlenker über die Straßenbahnschienen machen oder sich vor Läden den engen Raum mit Fußgängern teilen müssen. In der Könneritzstraße, die nach dem Ausbau im Dezember freigegeben wurde, demonstrierte kürzlich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC-Dresden) für mindestens 1,50 Meter Überholabstand. Das heißt, dass Autofahrer an mehreren Stellen nicht überholen dürfen. Als die Stübelallee saniert wurde, blieb der Radweg daneben eine Holperpiste.
Abstellanlagen fehlen
Der Elbradweg ist deutschlandweit beliebt. Aber: „Wieder ist ein Sommer angebrochen, in dem Touristen vergeblich eine Unterstellmöglichkeit für Fahrrad mit Gepäck suchen“, kritisiert Karen Bierstedt, die Sprecherin des ADFC-Dresden. An Radstationen fehle es auch an den großen Bahnhöfen.
In der Neustadt wird davor gerade der Schlesische Platz umgebaut. „Vorgesehen sind 80 Fahrradbügel; der Bedarf liegt bei mindestens 200“, warnt die Lobbyistin. Selbst das im vorigen Jahr groß angekündigte Programm, nach dem tausend Fahrradbügel für Dresden errichtet werden sollen, harrt noch lange seiner Vollendung.
Der Fahrradbeauftragte Tatzel nennt denn auch an erster Stelle Versuche zu atmosphärischen Verbesserungen. Dazu gehört etwa der verständnisvolle Umgang zwischen Autofahrern, Radlern und Fußgängern. Auch die Werbung dafür, dass sich Betriebe und Geschäfte darauf einstellen sollten, wenn Mitarbeiter und Kunden mit dem Rad vorfahren. Infineon und die SZ mit ihren luxuriösen Abstellanlagen gelten als Vorbilder. Mit diesen Positionen will Dresden übrigens Vorbild sein: Die Stadt macht dabei in einem europäischen Radförderprojekt mit.
Eigentlich wollte Dresden aber noch weiter sein. Im März vorigen Jahres beschloss der Stadtrat, dass noch im gleichen Jahr ein Radverkehrskonzept vor allem für die Innenstadt erstellt werden müsse. „Es ist in Arbeit“, versichert Tatzel. Er verspricht auch: „Wir müssen eine ehrliche Analyse machen.“ Und noch mehr: Der ADFC werde einbezogen. Die meisten Kritiken stellt er also gar nicht erst in Abrede.
Neue Konflikte
Einige Maßnahmen hat die Stadt auch schon in Angriff genommen. Dabei zeigt sich, dass Geschäfte Radler als Kunden zwar gern sehen, aber nicht gegen Autofahrer. Das geht oft den kleinen wie den großen Läden so. Als zum Beispiel die Blasewitzer Hüblerstraße für Radler gegen die Einbahnrichtung geöffnet werden sollte, machten Händler Front dagegen, weil Autostellplätze wegfallen sollten. Man darf auch gespannt sein, wann die Autolobby gegen die geplanten Radwege an der St. Petersburger Straße zu Lasten von Autospuren aufsteht.
Für neue Fahrradstellplätze am Hauptbahnhof hat Tatzel übrigens ein Konzept mit Überdachung: Sie sollen unter die Brücke kommen.