Von Tobias Winzer
Große Klappe und nichts dahinter? Was für eine gut gefüllte blaue Tonne auf keinen Fall gilt, trifft zumindest teilweise auf die Stadt zu. Seit mittlerweile zwei Jahren sammelt sie mit eigenen Plastikbehältern das Altpapier der Dresdner ein. Die Gewinne aus dem Verkauf des wertvollen Guts sollten eigentlich der städtischen Müllbeseitigung zugute kommen und langfristig die Abfallgebühren für Bio- und Restmülltonnen stabil halten. Das Problem bei der Sache: Im zweiten Jahr in Folge sprudeln die Gewinne nicht so üppig wie berechnet. Im abgelaufenen Jahr gab es lediglich eine ausgeglichene Bilanz.
Dabei wollte die Stadt mit der Einführung der eigenen blauen Tonne einen Negativtrend stoppen. Bis zum 31. Dezember 2011 hatte die Verwaltung das Altpapier an insgesamt 640 zentralen Containerplätzen gesammelt. Doch wegen der blauen Tonnen von Privatunternehmen, die Grundstückseigentümer direkt vor ihr Haus stellen konnten, hatten immer weniger Dresdner ihr Altpapier in die städtischen Container geworfen. Von 2004 bis 2010 war dort die gesammelte Menge um 50 Prozent gesunken. Dadurch gingen der Stadt bei einem Verkaufspreis von etwa 80 Euro pro tausend Kilogramm rund 400.000 Euro pro Jahr verloren. Mit einer eigenen kostenlosen blauen Tonne wollte die Stadt die privaten Unternehmen aus dem Markt drängen und sich höhere Einnahmen sichern. Gelingen sollte das mit einem besseren Service: Die Stadt leert ihre blauen Tonnen öfter, als es die privaten Anbieter tun – im Durchschnitt alle 14 Tage.
Hohe Kosten und mieser Papierpreis
Allerdings wurden 310 der zentralen Container gestrichen. Das sorgte vor allem zum Start des neuen Systems für Proteste bei Dresdnern. Viele Hauseigentümer wollten auf ihre Grundstücke nicht noch eine zusätzliche Mülltonne stellen. Etliche Großvermieter ignorierten das neue System. Viele Dresdner mussten zudem monatelang auf ihre blauen Tonnen warten, weil die Stadtverwaltung mit den Bestellungen nicht hinterherkam. Auch die drei beauftragten Entsorgungsunternehmen hatten Probleme. Wegen mangelnder Ortskenntnis des neuen Personals wurden viele Tonnen wochenlang nicht geleert.
Mittlerweile scheinen die Anfangsschwierigkeiten überwunden zu sein. Die Zahl der städtischen blauen Tonnen ist innerhalb eines Jahres von 25.000 auf 30.000 im Dezember 2013 gestiegen. Laut Rathaus gehen derzeit immer noch 80 Bestellungen pro Monat für neue Behälter ein. Ein Ende ist vorerst nicht in Sicht, denn Potenzial gibt es in Dresden für 43.000 Tonnen.
Doch obwohl die Stadt immer mehr Altpapier einsammelt, geht die Gewinnrechnung noch nicht auf. Mit dem alten System – also der Vergabe der Altpapiersammlung an Privatunternehmen und einer Beteiligung an den Gewinnen – machte die Stadt von 2007 bis 2011 durchschnittlich ein Jahresplus von rund 230.000 Euro. 2011 lag der Überschuss sogar bei rund 450.000 Euro. Nun sammelt die Verwaltung auf der einen Seite mehr Altpapier ein. Auf der anderen Seite sind jedoch die Kosten für das Bereitstellen und Abholen der blauen Tonnen höher.
2012, im ersten Jahr mit dem neuen System, hat die Stadt gerade einmal ein Plus von 100.000 Euro erwirtschaftet. 2013 steht eine schwarze Null. Der Grund: Energie-, Kraftstoff- und Personalkosten sind gestiegen, und der Altpapierpreis ist mit 109 Euro pro tausend Kilogramm um 13 Euro gegenüber 2012 gesunken.
Trotz des Minusgeschäfts sollen die Abfallgebühren aber zunächst stabil bleiben, teilt das Rathaus mit. „Wie es sich in den nächsten Jahren entwickelt, kann aber nicht eingeschätzt werden, da wir die Entwicklung des Altpapierpreises nicht kennen.“ Mit welchen Einnahmen das Amt für Abfallwirtschaft die aktuellen Fehlbeträge ausgleicht, verrät die Stadt nicht. Man wolle aber an den eigenen blauen Tonnen festhalten. Die Einführung des Systems sei wegen des guten Services für die Dresdner insgesamt als Erfolg zu bewerten.
Vielleicht wird Dresden aber auch durch ein Gerichtsurteil bewegt, zum alten System zurückzukehren. Eine private Entsorgungsfirma hatte gegen die Stadt, die ihr das Papiersammeln vor den Häusern verboten hatte, geklagt. Die Stadt hatte zwar zunächst von einem Gericht recht bekommen. Das Bautzner Oberverwaltungsgericht sah das jedoch 2011 anders: Bis zur endgültigen Entscheidung dürfen Privatfirmen ihre Tonnen stehen lassen. Das Dresdner Verwaltungsgericht will noch in diesem Jahr abschließend verhandeln.