Von Kathrin Schade
„Wir Dörfler werden als minderwertig, als Bürger zweiter Klasse abgestempelt“, so Bürgermeister Lothar Herklotz. Der Verwaltungschef der Gemeinde Röderaue ist stinksauer. „Alles soll in die Städte zentralisiert werden: Schulen, Ämter, Banken. Das ist für mich nicht nachvollziehbar“, wettert er weiter.
Der Grund dafür: Am 1. Juli schließen sieben Sparkassenfilialen im Landkreis. Auch die Filiale in Pulsen soll dichtgemacht werden, samt Geldautomaten. Das würde bedeuten, dass die Einwohner in allen vier Ortsteilen der Röderaue zum Geldabheben nach Gröditz oder Wülknitz müssen. Der Gemeinderat findet diese Vorgehensweise der Sparkasse nicht nur kundenunfreundlich, sondern unzumutbar. Geschlossen legte er deshalb in seiner Sitzung das Veto ein.
„Wir sollten den Mut haben, uns dem entgegenzustellen“, sagt Raimund Hoffman und eröffnet damit den Disput. „Gründen wir doch eine Bürgerinitiative und legen Unterschriftslisten aus, mit der Aufforderung: Wechselt die Bank!“, so sein Vorschlag. Als Pulsener kenne er viele, die zur Postbank wechseln würden, sollte die Sparkasse ihr Vorhaben durchziehen.
Argumentation nicht nachvollziehbar
Die Wogen der Empörung schlagen noch höher, als der Bürgermeister die von der Sparkasse genannten Gründe vorliest. So verlange beispielsweise der Geldautomat 3 000 Kontobewegungen im Monat, um die Kosten von zirka 38 000 Euro zu decken. Es sei jedoch festgestellt worden, dass eine große Anzahl von Pulsenern bereits die Geldautomaten in Gröditz nutze. „Das wurde doch offensichtlich geschürt“, wirft Horst Schreiber entrüstet ein. Denn komischerweise sei der Automat immer am 1. und 14. jedes Monats nicht mit Geld bestückt. „Klar müssen die Leute da nach Gröditz, um an ihr Geld ran zu kommen.“ Heiko Königsdörfer, Wolfgang Schmidt, Werner Handke und Heribert Schäfer sind sich einig: „Die gesamte Argumentation der Sparkasse ist durch und durch verlogen.“ Sie bezweifeln die monatlichen 38 000 Euro, wollen das schwarz auf weiß sehen.
Einen Funken Hoffnung in den Montag gesetzt
„Über 70 Prozent der Pulsener sind Rentner. Über Jahre treue Stammkunden. Hat man auch mal an die gedacht? Die haben nicht so ohne Weiteres Kinder oder Enkel zur Hand, die für sie in Gröditz die Geldangelegenheiten regeln können“, gibt Eveline Schulze zu bedenken. Ein Hohn sei das Angebot, älteren Menschen das notwendige Bargeld künftig ins Haus zu bringen. „Ich sehe das eher als Nährboden für kriminelle Machenschaften“, so Raimund Hoffmann.
„Eigentlich ist diese ganze Diskussion traurig“, sagt Ruth Schmidt. „Als es um den Erhalt der Sparkasse ging, waren unsere Unterschriften gefragt. Dafür waren wir gut genug. Und nun will man uns so einfach abspeisen. Lasst uns eine Bürgerinitiative gründen!“ Ob das Veto der Gemeinde Röderaue noch Sinn hat, bleibt abzuwarten. Offensichtlich haben die Einwände der Gemeinde im Sparkassenhaus Gehör gefunden. Denn hinter den Kulissen wird gemunkelt, dass es am Montag Gespräche zwischen beiden Parteien geben soll.