Von Franz Herz
Schlottwitz. Die Supermarktkette „Netto Marken-Discount“ sieht für sich noch eine Lücke im Osterzgebirge. Sie ist mit zwei Filialen in Altenberg, einer in Schmiedeberg, einer in Berggießhübel und zahlreichen in Dresden und seiner näheren Umgebung vertreten. Doch dazwischen liegt Glashütte, und die Uhrenstadt ist für Netto ein weißer Fleck. Seit Jahren sucht die Dresdner Firma IVG Entwicklungs- und Bauträger GmbH im Auftrag von Netto in der Uhrenstadt ein geeignetes Grundstück für einen Markt. Geeignet sind ebene Flächen, die mit dem Auto gut erreichbar sind und mindestens 5 000 Quadratmeter groß sind. Mit weniger kommt ein moderner Supermarkt nicht aus. So etwas ist in Glashütte nicht mehr zu finden, aber in Schlottwitz.
Dorthin ist die IVG ausgewichen, um wenigstens in einem Ortsteil von Glashütte einen Markt errichten zu können. Denn Netto geht davon aus, dass Glashütte unterversorgt ist, wie Hartmut Grimmer, der Seniorchef der IVG, sagt. In der Uhrenstadt gibt es nach Auskunft der Industrie- und Handelskammer Dresden 0,54 Quadratmeter Einzelhandelsfläche pro Kopf der Bevölkerung. Zum Vergleich: Altenberg bietet 0,97 Quadratmeter pro Einwohner und Dippoldiswalde 2,23 Quadratmeter. Diese Zahlen wurden 2010 erhoben und werden derzeit überarbeitet. Aber in den letzten Jahren hat sich in Glashütte daran wenig geändert. Viele Einwohner von Glashütte und seinen Ortsteilen fahren nach Altenberg, Dippoldiswalde oder Richtung Dresden für ihre Großeinkäufe. Diese Kunden würde Netto gerne am Ort halten und mit ihnen hier sein Geschäft machen.
Zwei Versuche schon abgewehrt
Den Schlottwitzern ist dieses Anliegen nicht neu, und es stößt seit Jahren auf Ablehnung. 2010 hatte sich Netto darum bemüht, auf dem Gelände der früheren Gaststätte Klein-Tirol einen Markt zu bauen. Das haben erst der Ortschafts- und anschließend der Stadtrat abgelehnt. Sie konnten das, weil das Grundstück der Stadt gehört. Allerdings steht die Fläche heute immer noch als Ruinenlandschaft. 2011 haben sich Schlottwitz und Glashütte gegen Pläne ausgesprochen, auf dem ehemaligen BHG-Gelände in Niederschlottwitz einen Netto-Markt zu bauen. Dieses Grundstück wurde inzwischen verkauft.
Nun will Netto unmittelbar daneben auf dem Gelände der Dünger-Lagerhalle bauen und hat dabei gute Karten. Die IVG hat vor Kurzem im Auftrag von Netto das Grundstück gekauft und dafür einen Bauantrag gestellt. Der sieht vor, dass ein Markt mit rund 771 Quadratmeter Fläche und eine Bäckerverkaufsstelle mit 40 Quadratmeter errichtet wird. Die jetzige Düngerhalle und zwei Nebengebäude werden abgerissen. Vor dem Markt ist ein Parkplatz für 74 Autos geplant. Das Vorhaben liegt im Überschwemmungsgebiet. Aber der Netto-Markt wird weniger Fläche versiegeln als jetzt die Düngerhalle mit dem befestigten Hof. Daher spricht aus dieser Sicht auch wenig gegen Abriss und Neubau.
Formal keine Einwände gegen die Netto-Pläne
Doch auch dieses Projekt stößt auf einhellige Ablehnung im Ortschaftsrat von Schlottwitz. Die Räte sind mit dem vorhandenen Einkaufsangebot im Ort zufrieden, erklärt Ortsvorsteher Markus Graf (CDU). In Niederschlottwitz gibt es einen Penny-Markt, der aber kleiner ist als der geplante Netto. Und in Mittelschlottwitz arbeitet ein privater Einkaufsmarkt, der auch Dienstleistungen wie die Post, Reinigungsannahme oder einen Kopierservice anbietet. Die Schlottwitzer Räte befürchten, dass vor allem dieser Markt auf Dauer der Konkurrenz durch Netto nicht standhalten kann. Deswegen lehnen sie den neuen Markt einhellig ab.
Das Thema wurde auf der Sitzung des Technischen Ausschusses des Stadtrats Glashütte am Dienstag dieser Woche ausführlich diskutiert, aber ohne Ergebnis. Eigentlich hat die Stadt nur darüber zu befinden, ob ein Bauvorhaben sich in die Planung der Stadt einfügt und die Erschließung in Ordnung ist. Aus dieser Sicht gibt es keine Einwände gegen die Pläne für einen Netto-Markt.
Dennoch zeichnete sich im Ausschuss ab, dass eine Mehrheit gegen den Bauantrag stimmen wird. Das hätte zwar wenig Konsequenzen. Denn es entscheidet ja nicht die Stadt über den Bauantrag, sondern das Landratsamt. Und das kann auch gegen die Stimme der Stadt eine Genehmigung geben, wenn das Vorhaben dem Gesetz entspricht.
Darauf will es Bürgermeister Markus Dreßler (CDU) aber nicht ankommen lassen. Er nahm die Entscheidung von der Tagesordnung und wird sie kommende Woche noch einmal dem Stadtrat vorlegen. Dort soll ein Mitarbeiter des Landratsamtes die Rechtslage erklären, um zu verhindern, dass der Rat einen Beschluss fasst, der nicht vom Gesetz gedeckt ist.
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