Von Sarah Seitz
So mancher hätte sich das Gebräu aus Kirschlikör, Kümmel und Rum wahrscheinlich selbst gern schmecken lassen. Die Feuerwehrmänner mussten sich allerdings auf ein kühles Bier vertrösten lassen, denn die Mixtur war eigens für die Erdachse in Bernstadt bestimmt. Jedes Jahr wird der Pfeiler auf dem Marktplatz traditionell mit der so genannten „Erdachsenschmiere“ eingerieben.
Diesmal vier Schmierungen
Statt der üblich drei Durchgänge wurden dem Brunnen dieses Mal sogar vier Schmierungen zuteil. Aus Bierutow und Zawidow, den polnischen Partnerstädten Bernstadts, waren an die hundert Gäste erschienen, um an dem Festakt teilzuhaben. Das Wohl der Polen und die Freundschaft zwischen den Ländern wurde so mit der vierten Schmierung besiegelt.
Zum Irrglauben des ein oder anderen Besuchers verläuft die Erdachse natürlich nicht durch Bernstadt. „Eigentlich ist alles nur ein großer Gag, der mit der Zeit zur Tradition geworden ist“, erklärt Bürgermeister Gunter Lange. Doch auch der Volkswitz hat seine Geschichte, die nunmehr schon bis ins Jahr 1791 zurückgeht. Damals wurde auf dem Markt ein steinerner Wasserbehälter erbaut, an dessen Stelle knapp neunzig Jahre später eine gusseiserne Brunnensäule gesetzt wurde.
Zum Namen „Erdachse“ kam diese Säule allerdings erst um 1880. Ein paar Studenten, die gerade in der Stadt waren und in einer nächtlichen Bierlaune über den Markt schlenderten, waren verantwortlich für die Namensgebung. Von den Bernstädtern wurde der humorvolle Begriff sofort aufgegriffen und auch bald in der Umgebung bekannt gemacht. Anlässlich der 700-Jahr-Feier der Stadt wurde 1934 die „Erdachse“ dann zum ersten Mal geschmiert, damit die Erde auch rund läuft und beim Drehen nicht quietscht.
Erst 1990 wurde das „Erdachsenschmieren“ wieder aufgegriffen und seitdem von der Feuerwehr des Ortes tüchtig popularisiert. In Uniformen aus dem Jahr 1880 gehüllt, treten die Kameraden jedes Jahr an, um die Erdachse einzureiben. Auch dieses Mal waren Florian, André und Thomas von der Jugendfeuerwehr Bernstadt-Kunnersdorf dabei. Mit viel Freude gingen die 12- und 13-Jährigen dabei zur Sache. „Das Erdachsenschmieren gehört einfach dazu. Eigentlich ist es zwar jedes Jahr das Gleiche, aber doch immer etwas Besonderes“, erklärt Florian.