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Schneemassen aus Böhmen tauen in die Elbe

In Tschechien liegt fünfmal mehr Schnee als vor einem Jahr. Sind die Elbeanlieger für ein Hochwasser gewappnet?

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Von Hans-Jörg Schmidt (Prag), Peter Redlich und Peter Anderson

Zehn Grad plus in der Nacht, über 20 Grad am Tag. Dazu nachts Regengüsse. Da taut Schnee so schnell wie Eis im Backofen. Genau das passiert derzeit in den böhmischen Bergen. Von dort über die Moldau bekommt die Elbe ihr Wasser.

Im Tal bei Špindleruv Mlýn (Spindlermühle) liegen 80 Zentimeter Schnee, am Berg 1,40 Meter. Es ist verdichteter Schnee mit der höchsten Konzentration an Wasser, von der Menge her fünfmal mehr als vergangenes Jahr um die gleiche Zeit.

Tschechische Meteorologen gehen davon aus, dass zunächst die geringen Schneemengen unterhalb der Gebirge abtauen werden. In den Höhenlagen mit viel Schnee vollziehe sich dieser Prozess etwas langsamer, aber stetig in den nächsten Tagen. Erst am kommenden Wochenende könnte sich mit kühlerer Luft der Abtauprozess wieder verlangsamen. Aktuell steht die Elbe in Ústí nad Labem (Aussig) knapp 20 Zentimeter unter der ersten Hochwasserwarnstufe. Sind die Städte und Gemeinden an der Elbe auf ein Tauhochwasser vorbereitet? Besser als 2006?

Eckehard Bielitz von der Landestalsperrenverwaltung sagt Ja und Nein. Genau genommen wurde in Radebeul außer der Ertüchtigung des vorhandenen Deiches noch nichts seit 2002 verwirklicht. Alles Weitere steckt in den Planungen oder steht kurz vor der Entscheidung. Deich und Schutzmauern für Naundorf sollen ab nächstem Jahr gebaut werden. Für den Abschnitt in Fürstenhain sei ein sogenannter Erörterungstermin in Sicht, bei dem die letzten Probleme mit den Grundstückseigentümern besprochen werden sollen. Und für Altkötzschenbroda werden jetzt neue Planungen beauftragt. Bielitz: „Die Mehrzahl der Grundstückseigentümer will dort eine niedrigere Schutzmauer, die dafür zum Teil durch die Gärten führen müsste.“ Damit würde der Hochwasserschutz wieder um ein Jahr verschoben.

Die Coswiger haben vor allem technisch gegen Hochwasser aufgerüstet, sagt der für den Katastrophenschutz zuständige Ordnungsamtsleiter Olaf Lier. In der Wasserwehr in Brockwitz gibt es jetzt ein Allradfahrzeug und ein Boot für Einsätze bei Hochwasser. Viele Leitungen im Abwassersystem der Stadt wurde mit neuen Rückstauklappen versehen, sodass Grundwasser nicht mehr auf die Straßen und in Keller – wie 2002 – drücken dürfte.

In Sörnewitz haben sich Bürger selber gekümmert und am sogenannten Wasserschloss vor der Wohnanlage einen Damm angelegt. Lier ist allerdings nicht zufrieden, dass zwar auf der Dresdner Seite vor Gohlis die Dämme der Elbe erhöht werden, auf der rechten Elbseite jedoch nicht, oder nur in Radebeul. Das Wasser drücke dann genauso nach Coswig rein. In Eigenregie reguliert die Stadt die Wassermengen, die mit dem Lockwitzbach aus dem Moritzburger Hochland kommen und gegen das Grundwasser der Elbe drücken. Die Brückendurchlässe in der Stadt wurden erweitert – beispielsweise auf der Straße vom Spitzgrund nach Weinböhla und an der Eisenbahnbrücke. Ein Ingenieurbüro befasst sich zudem mit Berechnungen, was die Zimmermannschen Teiche und der Spitzgrundteich als Abfänger des Wassers vor Coswig aufnehmen können.

Erst vor wenigen Tagen begonnen hat der Bau des letzten Teilstücks im umfangreichen Meißner Hochwasserschutzprogramm. Eine 695 Meter lange und 80 Zentimeter über die Straßenoberfläche ragende Hochwasserschutzwand soll ab Oktober 2014 die Elbe von der Siebeneichener Straße fernhalten. Fertiggestellt und bereits bewährt hat sich der östliche Teil der Meißner Flutschutzbauwerke. Eine Kombination aus Mauern, Balkensystem und drei Pumpwerken sorgt dort dafür, dass die Altstadt weitgehend trocken und die Bundesstraße befahrbar bleibt.

Sicherer sind auch die Einfamilienhäuser am Wildberger Elbufer. Die Gemeinde Klipphausen baute 2008 für weit über 100 000 Euro einen dauerhaften Damm, nachdem ein Provisorium den Ort 2006 erfolgreich geschützt hatte. Der neue Damm ist 400 Meter lang und an die zwei Meter hoch. Fördermittel dafür hatte es keine vom Freistaat Sachsen gegeben.