Von Frank Klinger
Früher wurde auf dem Sportplatz im Leubsdorfer Ortsteil Schellenberg noch Fußball gespielt, aber der Legende nach fielen dort nur wenig Tore. Der Platz hing in der Mitte durch, und bergab zu verteidigen, ist bekanntlich leichter, als bergan anzugreifen. Die Kicker der VSG Marbach-Schellenberg sind längst umgezogen, und so war der Schellenberger Rasen frei – bis Steven Riedel eine Idee hatte.
Warum nicht eine Rennstrecke für Modellautos bauen, fragte sich der Schellenberger und fand in Oliver Wölfel aus dem benachbarten Augustusburg einen Mitstreiter. „Es ist kein Aprilscherz, aber wir haben wirklich am 1. April mit den Arbeiten begonnen“, erzählt Oliver Wölfel, der fast täglich auf dem knapp 2 000 Quadratmeter großen Areal anzutreffen ist. „Hauptsächlich haben wir das alles hier mit der Hand aus- und aufgeschaufelt, nur einmal einen Radlader ausgeborgt“, meint der 31-Jährige. Noch ist die Strecke nicht komplett fertig, aber die 250 Meter lange Strecke mit vielen Kurven, Spitzkehren und Kombinationen aus mehreren Sprunghügeln ist schon deutlich zu erkennen und auch nutzbar. „Trotzdem haben wir noch viel zu tun, zum Beispiel müssen wir die Piste noch glätten. Es ist zwar eine Off-road-Strecke, aber der Untergrund sieht noch aus wie ein Waschbrett. Und wer will schon über eine Rüttelplatte fahren“, meint Steven Riedel.
Doch nicht nur die beiden tun das gelegentlich schon. Ab und zu melden sich Interessierte an und lassen ihre funkferngesteuerten Autos über die Strecke rasen. Oliver Wölfel erklärt, dass es organisierte Meisterschaften in verschiedenen Klassen und Motorgrößen in Deutschland gibt. „Die schnellsten Modelle können durchaus eine Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern erreichen“, erläutert er, als Steven Riedel zur Probe seinen „Thunder Tiger Hammer S 18“ auf einem Teil der Strecke loslässt. „Der sieht aus wie eine Mischung aus Käfer und Lamborghini“, lacht er und freut sich, als das benzingetriebene Modell den Sprung von einem Hügel auf den nächsten schafft. „Fünf, sechs Meter fliegen die durch die Luft“, meint er noch.
Neben der Strecke entsteht zurzeit der Fahrer-Hochstand. „Von dort kann man künftig die ganze Strecke überblicken und muss nicht mehr hinterher rennen. Das Schlimmste ist, wenn man sein Auto nicht mehr sieht“, erklärt Oliver Wölfel, der wie Steven Riedel viel an seinen Modellen bastelt. „Ab und zu gibt es Verluste“, schmunzeln beide, „aber weniger am Plaste-Chassis, eher bricht mal die Lenkung weg.“
Und schon arbeiten beide wieder an der im Schnitt vier Meter breiten Piste des „Schellenberg Circuit“ auf dem ehemaligen Sportplatz, der ihnen von der Gemeinde unbürokratisch und unkompliziert zur Verfügung gestellt wurde.
„Mit den Anrainern vom Jugendklub und der Kindertagesstätte arbeiten wir gut zusammen, wir stimmen wir uns ab und unterstützen uns gegenseitig“, erklären die beiden Enthusiasten einer Sportart, die hierzulande noch nicht sehr bekannt ist. Aber das wollen Steven Riedel und Oliver Wölfel ändern.
Wer Interesse hat, kann sich – auch kurzfristig – anmelden und dann mit seinem RC-Modell, so heißen die Boliden offiziell, in Schellenberg seine Runden drehen. Nur mit den kleinen ferngesteuerten Modellen aus dem Spielzeugladen sollte man nicht antreten. „Das bringt nichts, die schaffen es maximal bis zum ersten Hügel, dann hängen sie durch“, meint Oliver Wölfel, startet seinen „HPI Savage XS Flux“ mit dem kernigen Sound und spricht davon, an der voraussichtlich im nächsten Jahr komplett fertigen Strecke einmal richtige Rennen zu organisieren.