Schock beim Wandern
Von Anja Weber
Sächsische Schweiz. Wer in der hinteren Sächsischen Schweiz bei Hinterhermsdorf oder Saupsdorf wandern will, ist gut beraten, Gummistiefel anzuziehen. Denn einige der Wege sind durch massiven Holzeinschlag in den vergangenen Wochen und Monaten von tiefen Furchen gezeichnet und teilweise komplett zerstört. Das sorgt für heftige Kritik an der Nationalparkverwaltung.
Arndt Noack von der IG Stiegen- und Wanderfreunde macht aus seinem Frust keinen Hehl. Er war Mitte April im Tal des Goldbaches zwischen Saupsdorf und dem Kirnitzschtal unterwegs und war entsetzt über die Naturzerstörung, die schwere Holzernte- und Rückemaschinen hier anrichteten. „So hinterließen die Forstmaschinen bis zu 1,70 Meter tiefe Furchen“, schildert Noack in einer Mitteilung der Interessengemeinschaft an die SZ. „Der dadurch ausgespülte Schlamm zerstörte das Bett des Goldbaches, Wurzeln gesunder Bäume wurde geschädigt.“ Zudem hätten die Forstleute einheimische und schützenswerte Arten wie etwa die Weißbuche gefällt, um Platz für ihre Maschinen zu schaffen. Teile des Wanderweges sind Granitschotter befestigt worden.
Auf der Internetseite der Stiegen- und Wanderfreunde belegt Arndt Noack die massiven Zerstörungen mit zahlreichen Fotos. „Die verantwortliche Nationalparkverwaltung hat damit zum wiederholten Male gegen ihre eigenen Bestimmungen in eklatanter Weise verstoßen“, sagt er.
Arndt Noack verweist auf Passagen aus der Nationalparkverordnung. Darin heißt es unter anderem, dass alle Handlungen verboten sind, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder nachteiligen Veränderung des Schutzgebietes führen. Demnach ist es auch verboten, Pflanzen oder den Boden zu beschädigen sowie Wege wesentlich zu verändern. „Die Verantwortlichen, so scheint es, begreifen den Nationalpark als Nutzholzplantage, die ohne Rücksicht auf Verluste ausgebeutet werden darf“, sagt Arndt Noack. Von Besuchern werde hingegen ein sensibler Umgang mit der Natur verlangt. Da jeden Winter dieselben Probleme im Zuge der Holzernte auftreten, fordern die Stiegen- und Wanderfreunde nun personelle Konsequenzen.
Der Fall im Goldbachtal ist offenbar auch der Nationalparkverwaltung unangenehm. Nach ihrer Einschätzung ist der Wanderweg, nachdem ihn die Forstfahrzeuge komplett zerstört haben, nicht mehr zu retten. Aus der Not will der Nationalpark nun eine Tugend machen, den alten nicht markierten Weg aufgeben und einen neuen Pfad anlegen lassen. Als Fahrweg werde er nicht mehr benötigt, heißt es. Der neue Wanderpfad werde leicht erhöht an der Hangschulter entlang führen, erklärt Nationalparksprecher Hanspeter Mayr. Allerdings könne die neue Pfadspur bis auf Weiteres noch nicht genutzt werden. Um den Weg zu bauen, müsse erst der Boden abtrocknen.
Es gibt aktuell weitere durch Forstarbeiten verwüstete Waldwege im Nationalpark, so zum Beispiel in Hinterhermsdorf im Bereich Heidelbachweg beziehungsweise Duellweg. Die beiden Pfade gehören ebenfalls zu den nicht ausgewiesenen Wanderwegen. „Hier wird offenbar davon ausgegangen, dass niemand die Hinterlassenschaften zu Gesicht bekommt. Dieser Zustand ist auf sehr vielen Wegen dieser Art zu beobachten“, sagt Wanderer und Fotograf Daniel Spittel. Und er hat noch mehr entdeckt. Die Forstmaschinen, die in dem Gebiet arbeiteten, haben Öl verloren. Dieses kann nun in den Heidelbach und von dort aus in die Kirnitzsch gelangen.
Doch es sind nicht nur zerstörte Wege, über die sich Wanderfreunde ärgern. Auch die Parkmöglichkeiten sind eingeschränkt, wie zum Beispiel auf dem Parkplatz Sturmbauers Eck im Kirnitzschtal bei Saupsdorf. Seit Monaten werden die Berge der abgelagerten Stämme höher und höher. Der Parkplatz ist gesperrt. Die Nationalparkverwaltung hofft, dass der Holzkäufer die Stämme nun bald abtransportieren wird.