Von Madeleine Arndt
Bautzen. Wenn Hedi Scholz auf ihrem Balkon sitzt, sieht sie immer auf die Einstein-Schule. Hier hat die Bautzenerin von 1978 bis 1993 unterrichtet – als Unterstufenlehrerin, so hießen die Grundschullehrer in der DDR. Seit einigen Tagen laufen nun die Entkernungsarbeiten. Der alte Plattenbau und die marode Turnhalle werden dieses Jahr abgerissen. Aber die Erinnerungen an eine ganz besondere Schule bleiben.

Historische Aufnahmen aus der Bautzener Einsteinschule
„Als ich in der Schule begann, war das Gebäude noch gar nicht fertig“, erzählt die 81-Jährige. „Wir haben unseren ersten Jahrgang ohne Schule eingeschult.“ Ein halbes Jahr fuhr die Deutsch- und Mathelehrerin mit ihren ABC-Schützen per Bus von Gesundbrunnen in die Pestalozzi-Schule. Als die 13. Polytechnische Oberschule an der Einsteinstraße endlich bezogen werden konnte, herrschte ringsum noch lange Bauwüste. Schlammhausen entstand als Spitzname für den Stadtteil Gesundbrunnen, wo über die Folgejahre ein Plattenbau nach dem anderen hochgezogen wurde. Einmal blieb von einem Schüler der ganze Schuh im Schlamm stecken, so tief war der Matsch rund um das Schulgelände, erinnert sich Hedi Scholz und muss lachen. Der Schuh konnte aber geborgen werden.
Auf die POS, in der Jungen und Mädchen von der ersten bis zur zehnten Klasse lernten, war man stolz. „Die Schule wurde wie ein Schmuckstück behandelt und in den ersten Jahren mussten die Schüler drinnen Hausschuhe tragen“, erinnert sich Henning von Wolffersdorff. Der 79-Jährige denkt gerne zurück. „Mich verbindet sehr viel mit der Schule. Ich habe es persönlich als wunderbare Zeit empfunden.“ Wolffersdorff arbeitete hier anfangs als Französischlehrer und fungierte später von 1992 bis 2002 als Schuldirektor.
In Trainingssachen zur Arbeit
Bernd Fritzsche konnte es sich als Sportlehrer erlauben, in Trainingssachen zur Arbeit zu kommen. Er hatte auch den kürzesten Weg, denn er wohnte mit seiner Familie in der Albert-Einstein-Straße gegenüber der POS. In der DDR machte Bernd Fritzsche viel mehr als den Sport. Schon um halb sechs Uhr früh stand er in der Turnhalle und putzte. „Ich habe mir einen speziellen Besen konstruiert, um das Parkett zu kehren. Er hatte zwei Stiele und einen zwei Meter breiten Borstenkopf.“ Bernd Fritzsche war auch der Sportlehrer, der immer in der Hallentür stand und mit Argusaugen die Turnschuhe seiner Schüler kontrollierte. Damit kein Dreck reingetragen wurde.
Nicht nur in der Halle gab es viel zu tun, auch die Umkleideräume und Toiletten machte Bernd Fritzsche sauber. „Wir hatten gerade so viel Reinigungspersonal, dass man die Schule sauber halten konnte“, erklärt der 77-Jährige. Erst nach der Wende übernahm eine Reinigungsfirma seinen zusätzlichen Job. Bis dahin lag viel in seiner Verantwortung. Sportgeräte reparieren, Lampen und Sicherungen austauschen. Am Wochenende wurde auch mal tapeziert und gestrichen. Bis 2001 hatte Bernd Fritzsche unterrichtet. Der Abriss der Turnhalle sei für ihn ein komisches Gefühl, auch weil er sich so viele Jahre darum gekümmert hatte.