Von Daniela Pfeiffer
Verwöhnt werden, sich entspannen, und am Ende schöner rausgehen. Das verbinden die meisten mit einem Friseurbesuch. Nicht aber Krebspatienten. Denn sie verlieren ihre Haare durch die Chemotherapie. Wenn sie bei Daniela Rodriguez Pena auf dem Friseurstuhl sitzen, gibt es schon mal Tränen. An diesem Tiefpunkt rückt die Friseurmeisterin mit der eigenen Geschichte raus. Sie hatte selbst Brustkrebs. Nach der Diagnose vor vier Jahren sah sie sich gezwungen, ihren eigenen Salon in Königshain zu schließen und 21 Jahre Selbstständigkeit aufzugeben. Weil sie nach überstandener Krankheit die chemischen Dämpfe im Friseursalon nicht mehr vertragen hat, konnte sie in ihrem Beruf nicht mehr arbeiten. Sie schulte zur Bankkauffrau um, was aber nicht ihr Ding war. „Ich bin Handwerker, kein Büromensch. Ich möchte mit meiner Arbeit Menschen helfen, sich schöner zu fühlen.“ Jetzt hat sich die 44-Jährige wieder selbstständig gemacht und in Görlitz einen Salon für Perücken, Toupets und Haarersatz eröffnet. „Zweit Haar Engel“ nennt sie ihn. Er ist Anlaufpunkt für alle Menschen, die Probleme mit Haarverlust haben.
In erster Linie erwartet Daniela Rodriguez Pena Patienten, die mitten in einer Chemotherapie stecken oder davor stehen. Dass das schwere Momente sind, weiß sie aus eigener Erfahrung. „Nur, dass mir damals keiner wirklich geholfen hat. Ich bin mit dem Rezept für eine Perücke in mehrere Salons, musste dort unter all den gesunden Kunden warten, habe keine echte Beratung bekommen und sollte viel Geld für die Perücke dazubezahlen.“ Vor allem das hat sie erschüttert, kannte sie doch die Einkaufspreise. „Dass mit dem Leid kranker Menschen auch noch Profit gemacht werden soll, hat mich am meisten aufgeregt.“
Im eigenen Salon sollen Perücken und Haarersatz bezahlbar sein und dafür andere Dinge im Vordergrund stehen. Diskretion zum Beispiel. Die Lage ist bewusst versteckt in einem Hinterhaus des Sanitätshauses Rosenkranz am Wilhelmsplatz. Hier gibt es auch nur einen Friseurstuhl. „So etwas kann man in keiner Ladenpassage machen. Es ist ein sensibles, schmerzliches Thema“, sagt Daniela Rodriguez Pena. „Dass da jemand ist, der das selbst durch hat, hilft vielen. Und auch mir, denn ich schließe durch diese Gespräche mit meiner Geschichte jedes Mal ein Stückchen mehr ab.“ Neben ihrem neuen Kopf bekommen die Kundinnen übrigens auch Schminktipps, Augenbrauen- und Wimpernersatz.
Daniela Rodriguez Pena lebt mit ihrem siebenjährigen Sohn und dem kubanischen Ehemann in Arnsdorf. Für die Ausbildung zur „Geprüften Fachkraft für Zweithaar“ hat sie viele Wochenenden und den langen Weg nach Wernesgrün in Kauf genommen. Die Ausbildung gibt es noch nicht lange. „Unser Berufsverband hat damit auf viele Beschwerden reagiert. Das waren genau die Dinge, die ich auch erleben musste“, sagt sie.
Die Zeit zwischen dem Abschluss im November 2012 und der Saloneröffnung vor zwei Wochen war Frau Rodriguez Pena nicht untätig. Im Gesundheitsamt arbeitet sie ehrenamtlich als Beraterin für Krebspatienten, gibt an der Volkshochschule Kurse zum Thema. Außerdem fährt sie in Krankenhäuser, wo sie für Patientinnen Kosmetikseminare hält. All das will sie auch weiterhin tun. Und nebenbei auch wieder normale Friseurin sein. Ihr Gewerbe dazu hat sie wieder angemeldet, bietet Schneiden und Föhnen an. Allerdings ohne herkömmliches Färben und Dauerwellen, dafür hat sie sich gesunde Alternativen gesucht.
Kontakt: 03581/8784385
www.zweit-haar-engel.de