SZ +
Merken

Schornsteinfeger kündigen höhere Preise an

Hausbesitzer dürfen jetzt zwar frei wählen, wer die Esse kehrt. Doch der Konkurrenzdruck ist offenbar nicht so stark gestiegen wie gedacht.

Teilen
Folgen

Von Marleen Hollenbach

Aufmerksamkeit hat Michael Kempe schon immer erregt. Wenn er mit seinem schwarzen Zylinder auf den Dächern Freitals unterwegs war, dann wurde er nicht selten für seine Waghalsigkeit bewundert. Für diesen Anblick, genauer gesagt für die Dienstleistungen der Schornsteinfeger müssen Hausbesitzer und – über die Betriebskostenabrechnung – auch Mieter in Zukunft tiefer in die Tasche greifen.

„Seit vier Jahren hat es keine Gebührenerhöhung gegeben, aber unsere eigenen Kosten, wie Benzin und Miete, sind teurer geworden“, erklärt Michael Kempe. Er und viele andere Schornsteinfeger der Region wollen deshalb in der nächsten Zeit die Preise erhöhen. „Daran kommen wir auf kurz oder lang nicht vorbei“, so Kempe.

Dabei konnten die Immobilieneigentümer vor ein paar Monaten auf sinkende oder zumindest stabile Preise hoffen. Denn seit Januar können Hausbesitzer jetzt selbst entscheiden, wer bei ihnen kehrt, sind aber nun auch selbst für das Einhalten der Prüfungsfristen verantwortlich. Das sorgte für Verunsicherungen auf beiden Seiten.

„Kompliziert wird es, weil Hausbesitzer jetzt zwar wählen dürfen, wer Kehr- und Reinigungsarbeiten ausführt, bestimmte Dinge wie Feuerstättenschau als hoheitliche Aufgabe aber bei den bevollmächtigten Betriebsschornsteinfegern bleiben“, erklärt Michael Kempe, der nicht nur selbst als Schornsteinfeger in Freital arbeitet, sondern auch das Amt des Präsidenten des Landesverbandes der Schornsteinfeger Sachsen e.V. innehat.

Die neue Wahlfreiheit ließ steigenden Konkurrenzdruck erwarten – und damit hätten nach der Hoffnung mancher Hauseigentümer die Preise fallen können. So manch einer hat sogar schon mit Angeboten aus den Nachbarländern gerechnet.

Mehr Service als bei einer Behörde

In den vergangenen Monaten hat sich indes ein Vorteil für die Hausbesitzer gezeigt. „Die können jetzt auf Service bestehen und die Schornsteinfeger sind im Zugzwang, diesen auch zu bieten“, sagt Kempe, der vor allem mit flexibler Terminabsprache bei seinen Kunden punkten will. „Manchmal hilft es schon, sich blaue Überschuhe anzuziehen und keinen Dreck zu machen“, erklärt er augenzwinkernd.

Dass der Service jetzt für die Essenkehrer besonders wichtig ist, bestätigt auch Thorsten Theiß, Schornsteinfeger aus Kreischa. „Das Vertrauensverhältnis muss man sich über Jahre erarbeiten. Und wenn es besteht, dann wandern die Kunden auch nicht ab“, sagt er. Fast alle hat er nach der Gesetzesänderung behalten können. Sogar Anfragen aus anderen Gebieten haben ihn erreicht.

Doch der Hausbesitzer hat mit der Gesetzesänderung nicht nur die Qual der Wahl, sondern muss nun selbst Sorge dafür tragen, dass Kontrollfristen eingehalten werden. „Vor der Änderung waren wir Schornsteinfeger dafür verantwortlich, dass die Feuerungsanlagen kontrolliert wurden“, sagt Michael Kempe und glaubt daran, dass diese Regelung und die damit einhergehenden Kontrollen der Feuerungsanlagen die Zahl der Brandopfer in Deutschland sinken ließ. Die Verantwortung liegt nun beim Hausbesitzer.

Doch nicht nur die Hausbesitzer waren vor der Gesetzesänderung verunsichert. Auch die Schornsteinfeger plagten Sorgen. Jetzt, vier Monate später, fällt das Resümee von Michael Kempe aber nicht so negativ aus. „Für uns Schornsteinfeger hat sich gar nicht viel geändert“, sagt er. Dass die Kunden am Ende doch nicht abwandern, hat für den Freitaler Schornsteinfeger verschiedene Gründe. „Das alte System hat dafür gesorgt, dass immer ein Schornsteinfeger und Geselle pro Bezirk tätig ist. Das heißt, es gibt gar nicht so viele Schornsteinfeger, dass diese in Konkurrenz treten könnten“, sagt er. Außerdem würde der Preis die Verteilung regeln. „Wenn ich mir einen Schornsteinfeger aus einem anderen Bezirk hole, dann muss ich einen längeren Fahrtweg bezahlen“, so Kempe.

Zwei Jahre nicht ausgebildet

Doch dass sich die Gesetzesänderung nicht negativ auf das Geschäft auswirkt, war nicht allen Schornsteinfegern von vornherein klar. „Es gab auch Kollegen in Freital und Umgebung, die 2009 und 2010 gar nicht ausgebildet haben, weil sie nicht wussten, wie es mit dem Handwerk weitergehen wird“, sagt Kempe. Jetzt sei die Sicherheit bei den meisten Schornsteinfegern wieder hergestellt. Die neue Struktur funktioniert – und zwar in ihrem Sinne. „Nun ist es wichtig, den fehlenden Nachwuchs zu gewinnen“, so der Präsident des sächsischen Landesverbandes.