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Schrubben für die Badegäste

Serie. Ehe Wasserratten und Sonnenanbeterkommen können, gibt’s im Burkauer Bad den Frühjahrsputz. Die SZ schwitzte dafür mit.

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Von Yvonne Kaden

Nein, Baywatch mit David Hasselhoff guckt er nicht, kann er gar nicht, denn er hat keinen Fernseher! Überraschung, denn auf die platte Bademeister-Klischeefrage habe ich diese Antwort nicht erwartet. Heute, nachdem ich für unsere Serie schon Klärschlamm entsorgt und im Tierpark gefüttert habe, bin ich an der Seite vom Schwimmmeister im Burkauer Freibad, Bernd Noack, gelandet. Verzeihung, ich meine Bernd. Und gleich zu Beginn: Bernd ist es wurscht, ob ich ihn Bade- oder Schwimmmeister nenne. „Manche Kollegen wollen nicht als Bademeister betitelt werden, aber alle Welt macht es trotzdem. Warum sollte ich also etwas dagegen haben“, sagt er. Das Wort „Schwimmmeister“ ist ihm sowieso suspekt, wegen der drei „m“. Neben Bernd arbeitet auch Jozef Cwikowski im Freibad. Der 50-Jährige ist Rettungsschwimmer, stammt aus Polen und lebt seit 22 Jahren in Deutschland.

An diesem Vormittag ist der Himmel herrlich blau, da kommen Sommergefühle auf: Ein frisches Getränk und eine Liege wären mir jetzt sehr genehm. Leider weht ein kühles Lüftchen und außerdem ruft die Arbeit. Bernd hat Reinigungsmittel mit Wasser verdünnt. Einen ph-Wert von Vier habe das, sei also sauer und deswegen mit etwas Vorsicht zu genießen. Damit soll der Beckenrand geschrubbt werden. Die schwarzen Ablagerungen, die es zu entfernen gilt, kommen hauptsächlich vom Fett in den Sonnencremes, wird mir erklärt. Bernd greift sich eine Bürste, taucht sie in das Wasser und zeigt wie es geht. Ganz einfach also. Ich bekomme sogar Handschuhe. Das finde ich übertrieben. Völlig zu unrecht, wie sich später herausstellen soll.

Das Schwimmbecken, in das etwa 3,5 Millionen Liter passen, ist fast leer, bis auf den tieferen Teil, in dem Bernd und Jozef gerade arbeiten. Im Flachen beginne ich, die Beckenwand mit kreisförmigen Bewegungen zu scheuern. Den weißen Schaum, der dabei entsteht, spüle ich mit frischem Wasser weg. Das geht mir super von der Hand. Wasser bekommt das Burkauer Bad frei Haus und kostenlos vom Butterberg. Drei Quellen gebe es dort oben, die schließlich im Klosterwasser münden, erklärt Bernd – plastisch gesprochen, sei das Freibad also dazwischen geschalten. Meinen Bedenken, dass Chemikalien, wie ich sie zum Beispiel für den Beckenrand nehme, somit in die freie Natur gelangen könnten, entgegnet er: „Erst mal sind die umweltfreundlich. Zweitens ist das so stark verdünnt, da ist Autowaschen viel umweltschädlicher. Drittens wird das gefiltert.“ Und das viele Chlor? Sonne verzehre Chlor, deswegen müsse ja auch regelmäßig nachgechlort werden. Und was der Schweiß des Menschen binde, werde wiederum gefiltert und entsorgt. „Somit gelangt kein freies Chlor in öffentliche Gewässer“, sagt der Schwimmmeister. „Aha“, sage ich darauf und denke mir, dass es wahrscheinlich auch ein Amt gibt, das Proben nimmt – und als ob Bernd Gedanken lesen könnte, sagt er, dass das Kreisumweltamt regelmäßig kontrollieren kommt.

Das Kribbeln am kleinen Finger meiner rechten Hand nehme ich jetzt erst wahr. So ein Blödsinn, da muss was von dem Reinigungsmittel in den Handschuh gekommen sein: Der obere Teil vom Finger ist gefährlich gerötet. Aber nach der gemütlichen Frühstückspause in der Sonne schrubbe ich die Wand trotzdem weiter, wer wird denn gleich aufgeben? Doch aus dem Kribbbeln wird ein schmerzhaftes Stechen. Schließlich lege ich die Bürste bei Seite und bewerbe mich beim Bademeister um eine andere Arbeit. Dieser wundert sich über meine kleine, aber jetzt hässlich aussehende Wunde. Schließlich hatte die Flüssigkeit seiner Hand rein gar nichts angetan. Bernd entschuldigt sich, aber er kann ja nichts dafür, dass meine Haut empfindlicher reagiert als seine.

Seit 1991 ist Bernd Noack Schwimmmeister in Burkau. Vorher war er hier schon Rettungsschwimmer, neben seinem Job in der Landwirtschaft. Dann kam die Wende, und der heute 52-Jährige sattelte um auf Fahrschullehrer. Als er mit der Umschulung fertig war, holte ihn der Burkauer Bürgermeister ins Freibad. „Damals hatten alle noch Arbeit, und es war schwierig, einen ausgebildeten Schwimmmeister zu finden“, erinnert sich Bernd. Seinen Job macht er, der zweifacher Vater und dreifacher Opa ist, gern. Aber die Leute seien der Meinung, dass die Arbeit nicht anstrengend sei, glaubt er. Und er sieht wahrscheinlich wirklich nicht gestresst aus, wenn er braun gebrannt mit Sonnenbrille auf dem Bademeisterturm steht und die Gäste beobachtet. Aber: „Zehn Stunden in der Hitze stehen und aufmerksam sein, da brauche ich abends nichts mehr.“ Außerdem hänge ja noch viel mehr daran. Von März bis November gibt es was zu tun, wie jetzt zum Beispiel das Becken säubern oder den Fußballplatz begrünen. Meine neue Aufgabe besteht darin, Schlamm mit einem Gummibesen zu schieben und zwar in die Richtung, in die das Becken immer tiefer wird. Bernd und Jozef scheuern mit harten Besen den Boden, bis es blau blitzt. Frische Landluft weht uns um die Nasen. Die kommt vom Feld, wo ein Bauer gerade den Acker bewirtschaftet. Aber das macht nichts, denn gerade die Felder und Wiesen rund um das Freibad machen den Ort so idyllisch. Ein schöner Platz zum Arbeiten, und ein noch schönerer zum Baden gehen.