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Schulen wollen Kreide und Tafeln abschaffen

Es wird digitalisiert – mithilfe von Bundesgeldern, auch in Neustadt. Nicht jeder findet diesen Trend gut.

Von Siri Rokosch
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Die klassischen Kreidetafeln soll es in den drei kommunalen Schulen in Neustadt in Sachsen bald nicht mehr geben. Stattdessen sind digitale Tafeln im Gespräch.
Die klassischen Kreidetafeln soll es in den drei kommunalen Schulen in Neustadt in Sachsen bald nicht mehr geben. Stattdessen sind digitale Tafeln im Gespräch. © Sebastian Kahnert/dpa

Für die Umsetzung des sogenannten Digitalpaktes Schule erhalten alle drei kommunalen Einrichtungen Neustadts insgesamt 470 000 Euro vom Bund. Der entsprechende Antrag, um die Fördermittel zu erhalten, muss bis 30. Juni 2020 abgegeben werden.

 Wie dieses Geld in den Schulen eingesetzt wird, entscheiden die Schulträger mit den Schulen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben selbst. Pflicht ist nur, dass alle Schulen technisch so ausgestattet sind, dass sie die Lehrpläne erfüllen können – auch in der digitalen Zukunft. Insgesamt stellt die Bundesregierung fünf Milliarden Euro zur Verfügung.

Pro Kind sind das rein rechnerisch deutschlandweit knapp 500 Euro. Schulen können zum Beispiel einen interaktiven Beamer, ein interaktives Whiteboard oder einen Touchscreen mit Audiosystem im Klassenzimmer installieren. Die Interaktivität kann an der Großbilddarstellung stattfinden, aber zum Beispiel auch an einem Tablet mit entsprechender Software, das mit einem Stift bedient wird. Auch die Nutzung von Tablets und Laptops für Schüler ist im Digitalpakt Schule integriert. Für die Förderung gilt aber eine klare Reihenfolge: Die Schulen müssen ein pädagogisches Konzept entwickeln, die Lehrer fortgebildet werden. Erst dann gibt es Geld für die Infrastruktur vom Bund. Die Stadt Neustadt ist dabei für die Friedrich-Schiller-Oberschule, die Julius-Mißbach-Grundschule und die Grundschule Oberottendorf als Träger zuständig. „Wir befinden uns mitten in der Planung. Alle Schulen erarbeiten jetzt das sogenannte Medienbildungskonzept“, sagt die Hauptamtsleiterin Anja Schneider.

Ein Ingenieurbüro hatte in den letzten Wochen bereits geprüft, welche technischen Voraussetzungen in den drei Neustädter Schulen vorliegen, und kam zum Ergebnis, dass die vorhandene Struktur den künftigen Anforderungen an digitale Schule nicht gewachsen ist. „Somit überlegen das Bauamt und das Hauptamt der Stadtverwaltung gemeinsam mit den Schulleitern jetzt, wie das Geld umgesetzt wird“ , sagt die Hauptamtsleiterin.

„Fakt ist, alle drei Schulen brauchen erst mal neue Glasfaserleitungen und dann eine gute technische Vernetzung in den einzelnen Häusern“, sagt Anja Schneider. Ziel sei es, das Leitungsnetz für moderne Medien erst einmal zu erschaffen. „Im nächsten Schritt werden wir dann vor allem in der Oberschule die Kreidetafelen stückweise abschaffen und durch digitale Schultafeln, wie zum Beispiel Smartboards oder Glasboards ersetzten.

„Eventuell behalten wir parallel dazu aber noch kleinere Kreidetafeln in einigen Klassenräumen“ ,sagt die Hauptamtsleiterin. Das die Kinder das Schreiben per Hand aber nicht mehr erlernen, schließt sie aus: „Da müssen sich die Eltern keine Sorgen machen. Gerade bei den Grundschulen werden wir bei der digitalen Ausstattung sehr genau überlegen“ , verspricht sie. Jetzt sind sicherlich in allen drei Schulen erst einmal größere Umbauarbeiten nötig, damit alle Zimmer entsprechend technisch ausgestattet werden können.

Derzeit gibt es sowohl in den Grundschulen als auch in der Friedrich-Schiller-Oberschule bereits PC-Kabinette und interaktive Wandtafeln sowie Beamer und Laptops. „Das aber jedes Schulkind ein Tablett bekommt, welches es mit nach Hause nehmen kann, steht bei uns nicht zur Debatte“, betont Frau Schneider.

Bei der evangelischen Grundschule Hohwald war das Thema in der vorletzten Woche im Vorstand. Da dort der evangelische Schulverein sächsische Schweiz Träger ist, fällt sie nicht in den Bereich der Stadtverwaltung Neustadt. Wie Pfarrer Sören Schellenberger sagt, wird erst einmal eine detaillierte Bedarfsanalyse aufgestellt. Bis zum Herbst sollen auch die Eltern mit befragt werden.

„Hauptsächlich wird es darum gehen, ein durch Kabel verbundenes Netzwerk zu errichten, das WiFi bei uns ablöst“, sagt Pfarrer Schellenberger und betont, „uns geht es darum, die Grundschulkinder eher analog zu unterrichten. Sie sollen mit anderen Menschen kommunizieren und sich möglichst erst etwas später mit den verschiedenen Medien auseinandersetzen. Computerarbeitsplätze gibt es in unserer Schule schon seit geraumer Zeit, in jedem der vier Klassenzimmer. Die Frage ist: Wollen wir noch mehr?“

In seiner Schule steht das Thema „Medienpädagogik“ in der 4. Klasse auf dem Programm. „Der Umgang mit Medien wird spätestens in den weiterführenden Schulen ein brennendes Thema in jedem Elternhaus. Hier haben wir als Schule eine besondere Verantwortung“, sagt der Pfarrer. Er möchte in seiner Grundschule bewusst andere Schwerpunkte setzen und nicht einem Trend folgen, welchen Industrie und Förderprogramme vorantreiben.