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Schwaches Zentrum Dresden

Zum Einkaufen kommen viele Menschen gern nach Dresden. Aber eine echte Einkaufsstadt ist es damit noch lange nicht.

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Von Stefan Rössel

Die Autokennzeichen der Einkäufer im Elbepark an der Dresdner Stadtgrenze zu Radebeul bringen es an den Tag: 44 Prozent dieser Kunden kommen aus der Landeshauptstadt selbst, 39 Prozent aus einem Einzugsgebiet bis zu einer Stunde Fahrzeit und sogar 17 Prozent noch weiter her – oft aus der Umgebung von Berlin und Cottbus. So wurde es im Jahr 2001 gezählt. Das zeugt von erheblicher Anziehungskraft.

Trotzdem führt das Ergebnis leicht zu Trugschlüssen. Bei der Zentralität kommt Dresden heute nur auf 116 Punkte. Diese Kennziffer ist ein Maß dafür, wie viele Einkäufer von außerhalb angelockt werden. Es sind genau 16 bei hundert Kunden aus Dresden selbst. Den Maßstab bilden westdeutsche Städte wie Nürnberg (143) oder Hannover (137). Die Städte im Osten hinken da zwar generell weit hinterher. Aber selbst Chemnitz kam im Jahr 2000 auf satte 128.

Als Ursache nennt die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), dass nach dem Krieg „kein leistungsstarkes Stadtzentrum errichtet wurde“. Auch nach den Zuwächsen an Verkaufsflächen nach der Wende „wird der Innenstadt-Einzelhandel seiner oberzetnralen Versorgungsfunktion aus Gutachtersicht heute noch nicht gerecht“.

Genauso wichtig dürfte eine andere Entwicklung in den ersten Jahren nach der Wende sein: die Errichtung vieler Riesen-Einkaufszentren auf der Grünen Wiese und an brachliegenden innerörtlichen Großflächen. Sie können mit freien Parkplätzen locken, weil die Grundstücke wenig kosten. Dagegen war die Ausdehnung des Einzelhandels in den Zentren oft durch hohe Kosten, undurchsichtige Eigentumsverhältnisse oder Rückstände in der Infrastruktur behindert.

Die unten stehende Übersicht zeigt, wie sich der Einzelhandel im Umland zum Teil weit stärker entwickelt hat. Dass etwa in Heidenau mehr als doppelt so viel Verkaufsfläche pro Einwohner zur Verfügung steht als in Dresden ist eine direkte Folge der Entwicklung.

Zugleich wird die Stärkung des Einzelhandels in Dresden dadurch verlangsamt. Viel Kaufkraft wird schon vor dem Zentrum abgeschöpft. So zeigt sich der Dresdner Karstadt-Chef Wolfgang Wirz über die Entwicklung ausgerechnet eines Konkurrenten enttäuscht. Als die Altmarktgalerie im Zentrum Dresdens gebaut wurde, habe er sich auf den bevorstehenden Zuwachs im kleinteiligen Einzelhandel gefreut. Aber letztlich sei die Zentralität nicht so stark gewachsen wie erhofft, nämlich nur um 1,5 Punkte, sagte er gestern der SZ.