Von Torsten Oelsner
Bis zum Jahresende muss die Weinböhlaer Gemeindeverwaltung über ein Vorhaben entscheiden, das in der Art seiner Entstehung so noch nicht da gewesen ist. Ausgangspunkt ist das Urteil des Dresdner Verwaltungsgerichts vom Juli, in dem es um Schwarzbauten in Radebeul und Weinböhla ging. Den Weinböhlaern wurde in einem Vergleich die Möglichkeit geboten, mit der Gemeinde bis Jahresende in „Verhandlungen zu treten, die eine Lösung des Problems zum Ziel haben“, hieß es.
Es wird verhandelt
Und diese Verhandlungen sind in vollem Gange. Werner Trautmann und Klaus Zschocke, beide mit Hauptwohnsitz noch in Dresden gemeldet, sehen in diesem Urteil die Chance, endlich „richtige“ Weinböhlaer zu werden. Sie sind die Wortführer einer Interessengemeinschaft mit dem sperrigen Namen „IG Spitzgrundstraße und der sich dahinter aufbauenden Grundstücke bis zum Hochwald“. „Wir sind keine Schwarzbauer“, stellen beide klar. Ihre DDR-Bungalows haben sie durch viele genehmigte An- und Umbauten inzwischen zu veritablen Ferienhäusern mit Kamin und allem Komfort aufgemotzt. Die Häuschen lassen sich ganzjährig bewohnen, was Werner Trautmann als Rentner jetzt auch will. Noch geht das zumindest offiziell nicht.
Völlig ändern würde die Sachlage ein Bebauungsplan. Von sich aus hätte die Gemeinde diesen nie in Angriff genommen, weil man eine Zersiedelung der waldnahen Bereiche fürchtet. De facto findet diese Zersiedelung aber schon statt. So existieren neben schmucken und vor allem genehmigten Eigenheimen, auch zahlreiche Lauben, die illegal um ein Spitzdach oder einen Anbau ergänzt wurden. Ein B-Plan würde diese bisher rechtlich krummen Dinge übernacht begradigen. Das bestätigt Weinböhlas Bauamtschef Lutz Heinl. „Die Betroffenen könnten nach Bestätigung eines B-Planes einen Antrag auf nachträgliche Genehmigung ihrer Bauten stellen, die dann statthaft wären“, sagt er. Vorher müssten solche Anträge formal nach Baurecht abgelehnt werden. Ein B-Plan besagt aber noch mehr. Nicht nur Schwarzbauten blieben stehen, sondern es dürften auch Neubauten auf bisher unbebauten Flächen beantragt werden. Ohne Zweifel eine Aufwertung der Grundstücke in ohnehin bester Weinböhlaer Hanglage.
Als Projektant für den B-Plan, den die Grundstückeigentümer selbst bezahlen müssen, hat sich Stephan Eichler angeboten. Er sitzt für die CDU im Gemeinderat und betreibt in Coswig ein Architekturbüro. Rund 120 000 Euro hat er für die Planung veranschlagt. Die Mitglieder der IG in Gründung sind zuversichtlich, diese Summe aufzutreiben. Allerdings hätten sie mit mehr Engagement ihrer Nachbarn gerechnet. Von den rund 220 Grundstückseigentümern wollen nur 25 in der IG mitmachen. Doch auch wenn ein Gemeinderatsmitglied die Planung übernommen hat, sei keine Gewähr gegeben, dass das Projekt auch so gelingt.
Nicht ohne Risiko
„Das Ganze ist nicht ohne Risiko“, sagt Bauamtschef Lutz Heinl. Es könne gut sein, dass der Plan irgendwo im Genehmigungsverfahren stecken bleibt. Von den Nachbargemeinden wird ohnehin argwöhnisch beäugt, wie Weinböhla sich hier quasi ein Baugebiet durch die kalte Küche schafft. Gerade die Stadt Coswig hat zu spüren bekommen, wie hartleibig das Regierungspräsidium inzwischen auf B-Plan-Anträge reagiert, weil dadurch potentiell mehr Menschen aus der Landeshauptstadt aufs Land ziehen. Und im Falle Coswigs handelte es sich um einen formal mit allen Schikanen und Stadtratsbeschluss ausgefeilten Antrag einer Großen Kreisstadt. In Weinböhla stellt der Plan lediglich eine Krücke dar, einem Missstand zur legalen Form zu verhelfen.