Von Gunnar Saft
Bad Düben am kommenden Sonnabend: Der Saal, in dem die sächsische CDU ihren Sonderparteitag abhält, tobt vor Begeisterung. Am Rednerpult brilliert ein gut gelaunter Parteichef und Ministerpräsident. Und kaum hat Georg Milbradt geendet, drängeln sich die Gratulanten. Schulterklopfen und Glückwünsche – und Fernsehbilder, die den Bürgern im Freistaat sagen: Schaut, das ist unser Mann, mit ihm geht es voran.
Dieses Wunschszenario spukt seit langem in den Köpfen vieler Christdemokraten. Allein, es wird wohl auch in Bad Düben nicht wahr. Georg Milbradt, dem es während seiner elf Jahre als sächsischer Finanzminister so leicht fiel, die Partei und die Öffentlichkeit mit Fakten und Zahlen zu überzeugen und zu begeistern, tut sich genau damit als Regierungschef schwer. Selbst am Abend seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten im Frühjahr 2002 quält er sich lustlos durch die üblichen Fernsehinterviews. Während des medienträchtigen Jubels über die gelungene Olympia-Kandidatur von Leipzig lässt er dem Strahlemann und OB der Messestadt, Wolfgang Tiefensee, fast erleichtert den Vortritt im Blitzlichtgewitter. Beim Gruppenfoto zur Ministerpräsidentenkonferenz in der vorigen Woche steht Georg Milbradt allein – in der letzten Reihe.
Kein Konzept gegen die Blässe
Versuche, mehr Glanz in die öffentlichen Auftritte des CDU-Spitzenmannes zu bringen, gibt es unentwegt. Doch die Flut-Zeiten, in denen ein Regierungschef in rotem Polo-Hemd und gelben Gummistiefeln Entschlossenheit demonstriert, sind schnell vergessen. Ebenso Weihnachskarten, auf denen Milbradt mit einem Osterhasen und dem Spruch „Sachsen – immer einen Schritt voraus“ posiert. Und auch die Mitteilung, dass dem Hobby-Koch Kalbsschnitzel mit Limonensauce gut gelingen, eignet sich nicht als Dauerbrenner. So fürchtet denn die CDU immer mehr um die Wirkung ihres offiziellen Zugpferdes. Nicht zuletzt täte Milbradt selbst ein stärkerer öffentlicher Zuspruch beim anhaltenden parteiinternen Machtgerangel gut.
Ein Konzept im Kampf gegen das Imageproblem ist jedoch nicht erkennbar. Der am Montag überraschend erfolgte Austausch des (sächsischen) Regierungssprechers gegen einen Import aus der Bundespolitik gleicht da dem Griff zur ohnehin defekten Notbremse. Profis wie der Chef der Kommunikationsberatung Pleon Kohtes Klewes, Dirk Popp, wissen längst, was wirklich fehlt: ein erfahrenes kleines Team, eine klare Strategie und ein Regierungschef, der Ratschläge ernst nimmt. „Georg Milbradt muss nicht händeschüttelnd über Marktplätze rennen, um Glaubwürdigkeit zu demonstrieren.“ Rasches und energisches Reagieren auf politische Krisen wie die Dauer-Affäre um die sächsische Landesbank würden viel eher für die gewünschten Effekte sorgen. „Mit Abwarten und Beliebigkeit kommt man dagegen nicht aus der Defensive.“
In die gleiche Kerbe schlägt Walter Hannot, Chef der Agentur Heimrich & Hannot. Die moderne Mediengesellschaft sei für Sachsens Regierungschef offenkundig ein Buch mit sieben Siegeln. „Es fängt bei hellen Anzügen zu weißen Haaren und hellem Teint an, dass meist alles nur blass und farblos wirkt.“ Noch gravierender aber sei, dass Milbradt es ablehne, sich nicht allein mit dem Kopf, sondern auch mal mit dem Herzen der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Da fehlt ihm nicht nur der Instinkt, sondern auch ein großes Stück Willen.“
Wohin das führt, zeigte sich dann erst am vergangenen Freitag, als Georg Milbradt vom Markkleeberger Bürgermeister zum offiziellen Spatenstich begrüßt wurde. Der Routineermin geriet zu einem PR-Desaster. Milbradt wurde in der Begrüßungsrede des Kommunalpolitikers zwar gleich zweimal angesprochen – unter dem Raunen der zahlreichen Gäste aber immer als „Ministerpräsident Biedenkopf“.