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Die Häuser können nicht ins Wasser

Gestern sollten die Pontons für die schwimmenden Häuser an den Bärwalder See geliefert werden. Die Auswirkungen von Corona verhinderten das.

Von Constanze Knappe
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Vier schwimmende Häuser stehen am Klittener Ufer bereit.
Vier schwimmende Häuser stehen am Klittener Ufer bereit. © Foto: Joachim Rehle

Klitten. Mit dem Saisonstart am 1. April auf dem Bärwalder See sollten die ersten vier schwimmenden Häuser am Klittener Ufer zu Wasser gelassen werden. Am 11. März waren sie geliefert worden. Gestern sollten die Pontons mit einem großen Kran vom Schwerlasttransport ins Wasser gehoben werden. Nach der „Hochzeit“ von Ponton und Kabine sollte ein französisches Marineschubschiff die schwimmenden Häuser an ihre finalen Liegeplätze verlegen. Die Schwerlasttransporte waren vor Monaten beantragt und genehmigt worden.

Jetzt macht Covid-19 alldem einen dicken Strich durch die Rechnung. Vier Schwerlasttransporte stehen mit den Pontons beladen in Bitterfeld. Aufgrund des zwischenzeitlich mehr als 60 Kilometer langen, zweispurigen Lkw-Staus auf der A 4 von der polnischen Grenze in Richtung Westen hatte die Polizei den Fahrzeugen mit Überbreite, die zwei Spuren benötigen, die Weiterfahrt von Bitterfeld in die Oberlausitz untersagt. Man habe daraufhin die ganze Aktion abblasen müssen, sagt Ulf Sybel, Geschäftsführer der FHG floating house GmbH Berlin. Bis gestern habe man voll im Bauzeitplan gelegen. Doch die Absage bringe alles gehörig durcheinander. „Wir hoffen nun, dass es in der nächsten Woche mit dem Transport der Pontons klappt“, fügt Ulf Sybel hinzu.

Zudem bekommt das Unternehmen zu spüren, dass die internationalen Lieferketten über England und die Niederlande seit Anfang dieser Woche auf unbestimmte Zeit unterbrochen sind. Deshalb habe man den Bau der Steganlagen einstellen müssen. „Die Stege liegen produziert in England, die Dauben in Holland. Nur ein kleiner Teil konnte vorige Woche noch geliefert und montiert werden. Alle Arbeiten an Land, wie die Medienerschließung, haben gestern begonnen und werden planmäßig so lange wie möglich ausgeführt“, erklärt Ulf Sybel. Damit beauftragt sind neben dem Planungsbüro Sweco in Rietschen Unternehmen der Region in den Gewerken Sanitär und Heizung, Metallbau, Elektrik und Tiefbau. Lediglich der Auftrag für Wasserbau ging an eine Spezialfirma außerhalb der Region. Von Montag an sollen die Arbeiten an Land in spätestens drei Wochen abgeschlossen sein. Dann warte man auf weitere Lieferungen aus England.

„Die Verzögerung tut geschäftlich richtig weh“, sagt Ulf Sybel. Denn die Technik wie eine Großpresse aus den Niederlanden steht am Klittener Ufer bereit. Dafür müsse Tag für Tag bezahlt werden – auch wenn sie nicht zum Einsatz kommt. Für floating house ist klar: „Sobald wir dürfen, bauen wir sofort im Wasser los“, heißt es.

Schon eine Million Euro investiert

Die Produktion der ersten schwimmenden Häuser für den Bärwalder See begann im September 2019. Vier weitere befinden sich im Bau. Nach Aussage von Ulf Sybel sei die ganze Serie beauftragt und bis Februar 2021 geplant. Alles in allem sollen es hier einmal 26 Hausboote und schwimmende Häuser sein. Ein Projekt dieser Dimension laufe fünf Jahre – drei in der Vorbereitung und zwei Jahre im Bau. Bis jetzt hat das Berliner Unternehmen schon eine Million Euro investiert. „Wenn wir fertig sind, werden in der Marina Klitten über acht Millionen Euro verbaut und Übernachtungskapazitäten für über 100 Urlauber ganzjährig geschaffen sein“, so der Geschäftsführer.

Im Januar 2019 war das Vorhaben im Gemeinderat Boxberg vorgestellt und im April das Musterhaus zu Wasser gelassen worden. Bis Ende Oktober war es an jedem Wochenende geöffnet. Den Winter über konnte man einen Termin zur Besichtigung vereinbaren. Mehrere tausend Besucher, mitunter bis zu 300 Leute am Tag, ließen sich beraten. Das Echo sei durchweg positiv gewesen. Während sich die einen für den Erwerb von Eigentum interessierten, nahmen andere Informationsflyer zur Vermietung mit und würden gerne als Urlauber wiederkommen.

Die schwimmenden Häuser bieten eine Gesamtwohnfläche von 67 Quadratmetern, davon 44 Quadratmeter Wohn- und Nebenräume, dazu eine Terrasse am Bug des Schiffes, eine Bewegungsfläche am Heck sowie eine große Terrasse auf dem Oberdeck. Die winterfesten Häuser kosten 317.000 Euro pro Stück. Gefragt sei vor allem das Modell, welches dem Musterhaus entspricht. Zehn Kaufverträge wurden inzwischen abgeschlossen – vorrangig mit Kunden aus Dresden, für die der Bärwalder See „die Badewanne vor der Haustür“ ist, und mit einigen Käufern aus den alten Bundesländern. Sobald die neue Wassersportsaison auf dem Bärwalder See beginnt, werden weitere Kunden erwartet. Eigentlich sollte das Musterhaus ab Ostern öffnen. Doch wegen der Corona-Krise wird der Verkauf wohl nicht vor Mai weitergehen.

Gelinde gesagt „wenig begeistert“ ist Ulf Sybel von den Plänen der Landesdirektion, den Naturschutzbereich inmitten des Sees auszuweiten. Zwar würden die Urlauber in den schwimmenden Häusern Ruhe und Erholung suchen, aber eben auch die Wassersportmöglichkeiten auf dem See nutzen wollen. Das sieht man in der Gemeinde Boxberg ebenso. Einstimmig hat der Gemeinderat beschlossen, das Ansinnen der Landesdirektion zum erweiterten Naturschutz auf dem See abzulehnen. Darin sind sich die Räte mit Anrainern, touristischen Unternehmern wie auch dem Tourismusverband Lausitzer Seenland und mehreren Wassersportvereinen einig. Das wurde in ihren Stellungnahmen klipp und klar erklärt. Ende März sollte es eigentlich einen Termin dazu in Dresden geben. Ob es dazu kommt, ist noch nicht bekannt.

Impuls für andere Anbieter

In der Gemeinde ist man froh über die Aktivitäten der FHG floating house GmbH. Es sei sichtbar, dass am Bärwalder See etwas passiert. Das könne ein Impuls für weitere touristische Anbieter sein, heißt es.

Ulf Sybel mahnt die noch immer fehlende Fahrgastschifffahrt an. „Das ist für die gesamte Entwicklung am See nicht gerade förderlich“, schätzt er ein. Er wisse aus der Erfahrung von anderen Tagebauseen, dass die Fahrgastschifffahrt und Restaurants der treibende Motor zur touristischen Entwicklung sind. Da müsse von der Politik dringend und zeitnah gehandelt werden. „Ohne ein Schiff ist es kein See für Touristen“, betont er ausdrücklich.

Anfang 2020 hatte die potenzielle Interessentin zur Betreibung der großen Fahrgastschifffahrt auf dem Bärwalder See, die Erlebnisschifffahrt Oberlausitz GmbH, offiziell die Beendigung ihres Engagements in Boxberg erklärt. Inzwischen bereitet die Gemeinde ein neues Interessenbekundungsverfahren für die Fahrgast- und Ausflugsschifffahrt zwischen den Anlegern in Boxberg und Klitten vor. Ein dritter Schiffsanleger ist am Uhyster Ufer geplant.

Das Musterhaus wurde im vorigen Jahr ins Wasser gelassen und die Beratung von potenziellen Interessenten seitdem sehr gut besucht. 
Das Musterhaus wurde im vorigen Jahr ins Wasser gelassen und die Beratung von potenziellen Interessenten seitdem sehr gut besucht.  © Foto: Constanze Knappe
Der Technikponton wird zu Wasser gelassen. Er wurde benötigt, um den Bau der Steganlage vorzubereiten.
Der Technikponton wird zu Wasser gelassen. Er wurde benötigt, um den Bau der Steganlage vorzubereiten. © Foto: Joachim Rehle