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Schwitzen für die Diplomaten

Zeithain. GeorgMilbradt und mehrere Botschafter kommen am 23. April in den Ort.

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Von Thomas Riemer

Ein bisschen Protokoll muss sein. Vor allem, wenn hohe Gäste kommen. Davon kann Jörg Scholtz zurzeit ein Lied singen. Denn Staatskanzlei und Landeskriminalamt sind momentan seine wichtigsten Gesprächspartner. Der Grund: Scholtz organisiert minutiös den Aufenthalt von Sachsens Landesvater Georg Milbradt am 23. April in der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain und in der Mehrzweckhalle Röderau. Milbradt wird an der Totenehrung für die Kriegsgefangenen im Lager Zeithain teilnehmen. Danach geht es zur Feierstunde nach Röderau samt Empfang.

„Wir basteln die Dramaturgie auf die Minute genau zusammen“, sagt Jörg Scholtz. Er ist Student im zweiten Studienjahr an der Management Akademie in Riesa. Der Milbradt-Besuch ist sozusagen sein „Gesellenstück“, im Studiendeutsch freilich heißt es Lehrprojekt. Doch Scholtz ist stolz. „Das ist für mich ein Riesenhammer“, sagt er. Und macht kein Geheimnis daraus, dass es beim Abarbeiten der Punkte auch mal ein paar Sorgenfalten gibt. Ein Beispiel: Für die Gedenkfeier in Röderau werden als Zeichen für die Wertschätzung der Opfer Flaggen aller fünfzehn früheren Sowjetrepubliken gebraucht. Glücklicher Umstand: Die Riesaer FVG kann dank ihrer Erfahrungen mit internationalen Sportereignissen aushelfen.

Probleme gibt es offenbar aber noch mit der Fahne Turkmenistans. Auch die Zeit drückt. Denn die Röderauer Halle müsste spätestens am Donnerstag vor dem großen Tag beflaggt werden.

Angesichts der politischen Dimension der Veranstaltung hat Jens Nagel vom Ehrenhain in Zeithain Verständnis für den Aufwand. Immerhin kommen neben Milbradt auch die Botschafter aus Russland, Weißrussland, der Ukraine und aus Kirgisien nach Zeithain. Erwartet wird der polnische Generalkonsul. Auch das Interesse in- und ausländischer Medien sei nicht gerade gering. Die ARD-Tagesschau, natürlich der MDR, sogar das weißrussische Fernsehen wollen über den Tag berichten.

Und nicht zu vergessen: Auch viele Zeitzeugen haben sich angesagt, um der Opfer des Kriegsgefangenenlagers zu gedenken. Jens Nagel freut sich vor allem, dass Riesaer und Umland-Unternehmen bei der Finanzierung deren Aufenthalts unter die Arme greifen. Überhaupt: Nicht das Zeremoniell an sich, sondern das Schicksal und die Geschehnisse im Lager sollen nach Nagels Ansicht im Vordergrund stehen. Deshalb misst er der Übergabe eines Gedenkbuches an die diplomatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion große Bedeutung bei.

Etwas mehr als 5 000 Namen von im Lager Verstorbenen sind darin enthalten, sortiert nach Friedhöfen. Das Buch soll nach und nach ergänzt werden.

Sicherheitsstufe I trotzdem für Ehrenhain und Mehrzweckhalle am 23. April? Na klar, wenn hochrangige Politiker kommen.

„Protokoll ist Protokoll“, sagt auch Jörg Scholtz. Und hakt einen weiteren Punkt ab: Das Rednerpult für die Feierstunde ist gesichert. Ministerpräsident Milbradt wird von dort sprechen. Und Jens Nagel knüpft Hoffnung daran: „Wir feiern nicht uns selbst, sondern es geht um die Opfer des Kriegsgefangenenlagers.“