SZ +
Merken

Sechs Länder in einem Monat

Bei ihrer Weltreise per Rad erleben zwei junge Bautzener gerade Grenzerfahrungen pur.

Teilen
Folgen
© Robert Michalk

Von Miriam Schönbach

Bautzen. Die Bilder auf ihrem Blog erzählen von Freiheit. An der Elbe genießen Alexander Gollmer und Richard Ehrlacher den Sonnenuntergang. Ihre Zelte haben sie irgendwo im waldigen Nirgendwo aufgeschlagen. Zu sehen gibt es aber auch atemberaubende Blicke über Ungarns Hauptstadt Budapest oder einen Schnappschuss an einer Belgrader Kathedrale. Die beiden Bautzener Freunde haben Großes vor. In einem knappen Jahr wollen sie einmal nach China und zurück. Vor einem Monat starteten sie in Bautzen. Und noch sind sie begeistert. „Dieses Abenteuer ist echt super“, sind sich die Weltenbummler einig.

Happy in Budapest: Bis nach Ungarn haben es die zwei Freunde schon geschafft.
Happy in Budapest: Bis nach Ungarn haben es die zwei Freunde schon geschafft. © privat
© Grafik:SZ

Hinter den beiden Freunden liegen gut 1 000 Kilometer. Los ging ihre Reise am 4. Juli. Damals hatten die zwei gerade ihr Abitur frisch in der Tasche. Anders als viele ihrer Mitschüler wollten sie nicht gleich wieder auf der Universität oder für die Lehrausbildung pauken. Stattdessen beschlossen sie, sich eine radelnde Auszeit zu nehmen. „Dieses Jahr soll uns zeigen, wo unsere Grenzen sind und was wir wirklich wollen“, sagt Alexander Gollmer. Insgesamt stehen auf ihrer Reiseroute 18 000 Kilometer durch 20 Länder in Europa und Asien.

Dafür legten sich Alexander und Richard an ihrem ersten Tag schon mal richtig ins Zeug. „Der Start verlief gut. Unseren ersten Stopp legten wir kurz vor Decin ein. Auf dem Weg dorthin mussten wir mehrere Berge hoch, die für den Anfang echt hart waren“, lässt Richard die erste Etappe Revue passieren. Die Berge in der Sächsischen Schweiz rund um Bad Schandau spürten die Radler auch noch ein paar weitere Tage in ihren Waden.

Die erste große Stadt, die sie erreichten, war Prag. Doch leicht war es bis dahin nicht. „Wir hatten schlechte Straße und nervige Berge. Zudem ging es Alex nicht gut“, sagt Richard. Aber die zwei Freunde waren ja auch aufgebrochen, um sich mit neuen Leuten bekanntzumachen. Quasi im Vorbeifahren lernten sie so an der Moldau einen Elektriker und seine Familie kennen. Sie bekamen einen Schlafplatz und für eine Nacht Familienanschluss. Am kommenden Tag setzten die beiden ihre Tour von Senohraby, dieser Ort liegt ziemlich zentral in Tschechien, über Budweis nach Linz mit dem Zug fort.

Übernachtung im Keller

In der österreichischen Stadt ruhten sie sich noch einen Tag aus, um dann wieder fit auf die Fahrräder zu steigen. Jetzt ging es die Donau entlang. Wien rief. Anders als in Tschechien mussten sie sich nun aber nicht mehr mit Bergen, sondern mit der Sonne anfreunden. Entlang des zweitgrößten Flusses Europas aber führen meist perfekte Fahrradwege immer auf flachem Terrain. Da in Österreich das Wildcampen verboten ist, suchten sich Alexander und Richard einen anderen Schlafplatz. „Zuerst kostet es Überwindung, Fremde zu fragen, ob man in ihrem Garten für eine Nacht ein Zelt aufschlagen darf. Belohnt wird man mit neuen Bekanntschaften“, sagt Alexander. So dürfen sie in Tulln bei einer jungen Familie ihre Schlafsäcke ausrollen – sogar im kühlen Keller.

Von der Rosenstadt in Niederösterreich legten die Bautzener ihren ersten 100-Kilometer-Sprint am Stück nach Wien ein. Dort verbrachten die Oberlausitzer drei Tage mit Sightseeing. Auf ihrem Plan standen unter anderem das Hundertwasserhaus und viele andere Sehenswürdigkeiten. Zwischendurch begann es Strippen zu regnen. Aber für Weltenbummler gibt es kein falsches Wetter. Trotz Schlamm und 30 Zentimeter tiefen Pfützen durchquerten Alexander und Richard drei Länder an einem Tag: Österreich, die Slowakei und Ungarn. Dem nassen Tross schlossen sich auf dieser Tour eine Gruppe Schweizer und zwei Brandenburger Abiturienten an. So eine Radtour ist eben auch gut, um neue Freunde einzusammeln. – Im Schnitt fahren die Bautzener inzwischen täglich zwischen 70 und 80 Kilometer. „Aber in den vergangenen Tagen haben wir uns ein bisschen beeilt, um rechtzeitig nach Belgrad zu kommen. Dort haben wir nämlich über Couchsurfing einen Platz gefunden“, sagt Richard. Beim Couchsurfing bieten weltweit Einheimische Reisenden einen Schlafplatz in ihren eigenen vier Wänden an. In der Hauptstadt Serbiens stiegen Alexander und Richard am Montag wieder auf ihre Räder. Kroatien haben sie nur kurz gestreift. Weiter geht es nun nach Bukarest und dann an das Schwarze Meer.

Lieber nicht in die Türkei?

Eigentlich wollten die beiden Weltenbummler dann nach Istanbul. Doch nach dem Putschversuch in der Türkei sind sie sich nicht mehr so sicher. Die beiden Globetrotter wollen die weiteren Entwicklungen beobachten. Vielleicht müssen sie einen Umweg einlegen, um nach Georgien, Aserbaidschan, Kasachstan und Turkmenistan zu kommen. „Wir spüren schon das Abenteuer. Oft wissen wir nicht, was wir am kommenden Tag erleben und wo wir schlafen werden. Wir essen, wenn wir Hunger haben. Und ein bisschen vermissen wir auch unsere Freunde und unsere
Familien“, sagen Alexander und Richard.

Über Kirgisien soll es ins Land der Mitte gehen. Im November wollen sie in der Volksrepublik China, mit 1,4 Milliarden Einwohnern, ankommen. Drei Monate haben sie Zeit, um unter anderem Shanghai, Peking, der Terrakotta-Armee und der Chinesischen Mauer einen Besuch abzustatten. Dann feiern sie Bergfest auf ihrer Weltreise. Doch daran denken Alexander und Richard noch nicht. Denn bis dahin liegen noch viele Abenteuer auf ihrem Weg.

Über ihre Erlebnisse berichten Alexander Gollmer und Richard Ehrlacher unterwww.live2arrive.com.