Von Constanze Junghanß
Das Haus auf dem Mühlweg Nummer 5 liegt in den winterlichen Vorabendstunden im Dunkeln. Doch im Gemeindepsychiatrischen Zentrum brennt unter dem Dach noch Licht. Jeden Montag spät nachmittags probt hier die Theatergruppe „Blick-Licht“. „Die Gruppe ist ein Freizeitangebot für Psychiatrieerfahrene, Helfer und für alle, die Lust haben, Improvisationstheater zu spielen“, sagt Petra Springer, Mitarbeiterin der Einrichtung.
Ellen Rolle kommt jede Woche extra von Zittau aus nach Görlitz. Seit fünf Jahren betreut sie als künstlerische Leiterin die Theaterspieler ehrenamtlich.
Der Grundschullehrerin macht ihre Aufgabe großen Spaß. „Mich bereichert diese Form des Improvisationstheaters. Hier geht man immer leichter heraus, als man hereingekommen ist“, erzählt die Pädagogin. Psychisch chronisch kranke Menschen und Interessenten, denen die Schauspielerei am Herzen liegt, machen in der Gruppe um Ellen Rolle mit.
Improvisieren für den Auftritt
Fünf Männer und eine Frau finden sich am ersten Montag im Dezember unter dem Dach ein. Nach der Begrüßung sitzen alle im Kreis. Ellen Rolle beugt sich nach vorn, stützt die Ellenbogen auf die Knie und lächelt den Teilnehmern aufmunternd zu. „Heute improvisieren wir für unseren Auftritt nächste Woche in Dresden“, erklärt sie.
Die 42-Jährige fragt, in welche Rolle die Teilnehmer schlüpfen möchten. Einer will seine Brille putzen, der nächste Keyboard spielen und ein anderer Liedermacher sein. Der Raum füllt sich schnell mit gebärdenreichen Dialogen und Gelächter. „Diese Form des Theaterspielens ist immer mit einem Hauch Neugierde verbunden“, sagt Ellen Rolle. Das, was im Endeffekt als Ergebnis steht, ist nicht hundertprozentig vorhersehbar, bringt aber dem Publikum jedes Mal eine Menge Freude. Auftritte gab es unter anderem im Görlitzer Rathaus, auf der Straße, im Krankenhaus und bei verschiedenen Veranstaltungen. Jetzt lernt die zierliche Frau außerdem das Spiel auf Percussionsinstrumenten. Kongas, Xylofon, Jambe und Bongos gehören zum Repertoire. Seit Oktober wird in den freiwilligen Kursen Theaterspiel mit dem Klang von Rhythmusinstrumenten verknüpft. Bei künftigen Auftritten soll das Publikum zum Mitmachen animiert werden.
Es sind zahlreiche Stunden ihrer Freizeit, die Ellen Rolle mit ihrem Projekt verbringt. „Man kann eine Menge Dinge ausprobieren, die mutiger machen und die man sonst gar nicht angehen würde“, begründet sie ihr Engagement. Selbst „schlechte“ Laune lasse sich gut im Spiel verarbeiten.
Doch mit schlechter Laune kennen die Teilnehmer ihre Lehrerin nicht. „Sie ist immer gut drauf und sehr freundlich“, sagt einer der Männer. Zustimmendes Kopfnicken folgt von allen Seiten – nicht geschauspielert.