Seenlandklinikum jetzt mit Telepathologie

Wollte der Chef der Pathologie am Hoyerswerdaer Seenlandklinikum, Frank Dietrich, früher wissen, was ein Kollege zu einer Gewebeprobe zu sagen hatte, blieb eigentlich nur die Post.
Die gläsernen Objektträger mit den Präparaten für das Mikroskop wurden sorgfältig verpackt und verschickt – per Nachnahme. Inzwischen ist der nächste Kollege zwar immer noch weit weg, aber doch nur wenige Mausklicks entfernt. Hoyerswerdas Krankenhaus ist von seinem Betreiber Sana mit der nötigen EDV-Technik für Telepathologie ausgerüstet worden.
Im Herbst wurden die Voraussetzungen geschaffen. Inzwischen ist so eine Art Testphase beendet. „Seit Anfang des Jahres ist es Routine“, sagt Dietrich. Alle zehn Mitarbeiter des von ihm geleiteten Instituts haben nun täglich mit dem neuen System und damit auch mit einer veränderten Arbeitsweise zu tun. Kollege Computer gibt auf dem Weg zum Befund klare Handlungsschritte vor. Und wenn so ein Weg einst damit begann, dass der Objektträger auf den Objekttisch des Mikroskops kam, wird heute zuerst einmal gescannt. Man spricht auch von virtueller Mikroskopie: Frank Dietrich schaut nicht mehr durchs Okular, sondern auf einen hochauflösenden Bildschirm. Die Technik erlaubt ihm dabei eine bis zu 400-fache Vergrößerung.
Die große Neuerung besteht allerdings darin, dass die Hoyerswerdaer Pathologie nun stärker Teil eines Netzwerks ist. Im Sana-Verbund gibt es deutschlandweit zwar mehr als 50 Krankenhäuser, aber nur drei verfügen über eigene Pathologien: das Klinikum Berlin-Lichtenberg, das Klinikum Offenbach und eben das Seenlandklinikum. Als Frank Dietrich jüngst im Urlaub war, haben seine Kollegen in Hoyerswerda wie immer Präparate angefertigt. Der Arzt, der dann ohne größere zeitliche Verzögerung durch den Postweg fachliche Einschätzungen gab, saß aber in der Bundeshauptstadt. Computer und Datenleitungen machen‘s möglich. Nützlich ist die Telepathologie aber nicht nur im Vertretungsfall, sagt Frank Dietrich: „Ich kann auch verschiedene Kollegen um Rat fragen.“ In Offenbach zum Beispiel gibt es einen Mediziner mit besonderer Expertise auf dem Feld der Urologie. Innerhalb kürzester Zeit kann er seinen Kollegen in Hoyerswerda dank Telepathologie erwünschte Hinweise geben. Umgedreht ist das natürlich genauso möglich. Im Ergebnis wird die Diagnostik mit der Chance, Zweitmeinungen einzuholen, insgesamt zuverlässiger. Ehrenrührig, sagt Frank Dietrich, sei das noch nie gewesen. Es dauerte eben nur länger.
Die Technik bietet zudem zusätzliche Möglichkeiten. So existiert am Bildschirm ein Zählgitter zur Bestimmung der Anzahl nur Mikrometer kleiner Gewebemerkmale. Der untersuchende Arzt kann auf dem Bild in der Vergrößerung auch Markierungen setzen. Und er kann Flächenmessungen vornehmen. Recht simpel ist es schließlich per Mausklick möglich, eine Darstellung via Mail zu verschicken. Es versteht sich, dass das trotz Nutzung eines Sana-internen Netzes immer verschlüsselt passiert. Datenschutz wird auch bei der Telepatholigie ausgesprochen ernst genommen, schildert der Chefpathologe.
Die Vorteile für Sana liegen auf der Hand. So können auch Häuser ohne eigene Pathologen einbezogen werden. Nach Angaben von Klinikums-Geschäftsführer Jörg Scharfenberg vom Jahresanfang lässt der Konzern sich das auch etwas kosten, in Hoyerswerda immerhin 800.000 Euro.