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Senfbecher purzeln bald rund um die Uhr

Großröhrsdorf. Die JM Kunststoffwerke stocken ihre Produktion auf. Für 5 Millionen Euro soll außerdem eine Recycling- Anlage gebaut werden.

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Von Reiner Hanke

Senf aus Bautzen steht gerade bei den Ostsachsen in vielen Küchenschränken. Nur wenige wissen aber: Die Plastikbecher, -eimer oder -flaschen werden unter anderem in der Großröhrsdorfer „JM Kunststoffwerke GmbH“ gespritzt. Von 600 000 auf sechs Millionen Stück soll die Jahresproduktion 2007 sogar steigen. Auch Thüringer Shampoo steckt in Großröhrsdorfer Flaschen. Selbst die Dresdner Frauenkirche wird für Souvenirläden in sandsteinfarbener Plastik gepritzt. Bei Kompostern spricht Geschäftsführer Joachim Miszori sogar von Lieferengpässen. Dabei laufen die Kunststoffpressen und Spritzgussmaschinen bereits rund um die Uhr. In vier Schichten wird derzeit bei JM gearbeitet. Erhebliche Investitionen sollen nun die Zukunft des Unternehmens sichern.

Unabhängig vom Markt

Dafür will sich JM von den steigenden Preisen auf dem Rohstoffmarkt nicht nur unabhängig machen, sondern sie selbst bestimmen. Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau einer Kunststoffrecycling-Anlage begonnen werden. Das Unternehmen will dann selbst aus alten Senfbechern neue Produkte machen, statt den Grundstoff teuer zu kaufen. Joachim Miszori: „Wir haben uns dafür 48 000 Tonnen Kunststoffabfälle pro Jahr aus dem Dualen System Deutschland gesichert.“ Aus der gelben Tonne also. Hintergrund dafür sei, dass derzeit kaum mehr als 50 Prozent der Rohstoffe wirklich in den Produktionsprozess zurückfließen. In diese Lücke will Miszori mit seinem neuen Werk springen und nach eigenen Aussagen zum größten Kunststoffrecycler in Sachsen aufsteigen. 2 500 Tonnen veredelten oder fein sortierten Kunststoff werde er jährlich auf den Markt bringen. Rund 150 Tonnen für die eigene Produktion. Entstehen soll das Werk voraussichtlich an der Autobahn bei Bautzen. Auch Großröhrsdorf war als Standort im Gespräch, so Miszori: „Im Wettbewerb zwischen den beiden Städten ist die Entscheidung für Bautzen gefallen. Die Bedingungen sind dort perfekt. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren haben begonnen.“ Bautzens Pressesprecherin wollte sich gestern noch nicht zu dem Projekt äußern. Elke Lorenz: „Das ist ein laufendes Verfahren.“ Für fünf Millionen Euro will Joachim Miszori auf einer Fläche von 20 000 Quadratmetern bauen. 6 000 Quadratmeter Produktions- und Lagerhalle werden überdacht: „Das wird die modernste Anlage in Europa“, verspricht er. Bis zu 25 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

Schmerzhafter Prozess

Erst vor zwei Jahren stieg der Unternehmensberater als Gesellschafter in den Großröhrsdorfer Kunststoffbetrieb ein: „Damals stand das Unternehmen vor dem Konkurs.“ Jetzt habe sich der Umsatz bei 200 000 Euro im Monat eingependelt und soll steigen. Der Weg dorthin war schmerzhaft, räumt Miszori ein. Über 20 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. 54 Leute beschäftigt JM derzeit. Auf dieser Zahl soll sich die Belegschaft vorerst stabilisieren: „Mir ging es in erster Linie darum, den Betrieb nicht ganz sterben zu lassen, sondern neue Dinge zu entwickeln.“ So wird auch in die Großröhrsdorfer Produktion in den kommenden Monaten ein sechsstelliger Betrag fließen. Verstärkt will JM künftig Behälter für die Pharmabranche herstellen. Dafür sollen Bedingungen wie in einem Reinraum geschaffen werden. Außerdem will das Unternehmen die Geschäfte mit der Nahrungsmittelindustrie ausbauen und neue Maschinen anschaffen. Damit zum Beispiel die Senfbecher für Bautzen nur so purzeln können.