Von Sven Görner
Die junge Frau beugt sich über das Geländer und schaut leicht verdutzt auf die Winterlandschaft zu ihren Füßen. Dort zieht ein Schimmel einen Pferdeschlitten durch einen verschneiten Wald. Darauf sitzt ein bärtiger Mann, eingehüllt in einen dicken Mantel und mit einer warmen Mütze auf dem Kopf. Ein weiterer Blick klärt die Sache dann auf – zumindest ein bisschen. Eine der Figuren in der benachbarten Szenerie trägt Aschenbrödels Ballkleid. Wie das aussieht, wissen wirklich viele, nicht nur hierzulande. Denn der tschechisch-deutsche Märchenfilm ist seit über 30 Jahren Kult. Ohne ihn ist für viele, die mit ihm groß geworden sind, aber inzwischen auch für deren Kinder, ein Weihnachtsfest nur halb so schön.


„Bei uns gehört ,Drei Haselnüsse für Aschenbrödel‘ jedenfalls zum Pflichtprogramm“, sagt Daniela Scharsig, die inzwischen mit der Rolltreppe von der ersten Etage des Elbeparks ins Erdgeschoss gefahren ist, um sich alles genau anzusehen. Und natürlich werden mit dem Smartphone noch schnell ein paar Fotos geschossen. „Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr mal mit einem Besuch in der Aschenbrödel-Ausstellung in Moritzburg“, sagt die Riesaerin.
Bisher wurden im einstigen Jagdschloss der Wettiner vier Schauen zum Kultfilm gezeigt. Mit insgesamt 600 000 Besuchern lockten diese so viele Gäste an, dass das Schloss seinen Erfolg im wahrsten Sinne des Wortes versilbern konnte: mit dem Ankauf von Tafelsilberteilen des einstigen sächsischen Herrscherhauses und weiterer Exponate für die barocke Dauerausstellung.
Mit der kleinen Schau im Dresdner Einkaufstempel direkt an der A 4 will der Schlösserbetrieb nun auf die neue Aschenbrödel-Winterausstellung aufmerksam machen. Diese startet nach anderthalb Jahren Pause am 7. November. Natürlich auf Schloss Moritzburg, einem der authentischen Drehorte des Filmes.
Die Idee für das Aschenbrödel-Intermezzo im Elbpark hatte allerdings Centermanager Gordon Knabe“, verrät Schlösserland-Sprecher Gordon Knabe. „Er ist wohl auch ein Fan des Filmes.“ Nach ein paar Gesprächen waren sich der Center-Mann und die Schlossleute schließlich einig. Und so sind bis zum 1. August im Elbepark jetzt zahlreiche Kostüme und andere Exponate aus den vergangenen Moritzburger Ausstellungen zu sehen. Darunter eben auch der Schlitten, mit dem Diener Vincent unterwegs ist, als er im Film in den Besitz der drei magischen Haselnüsse kommt. Diese schenkt er Aschenbrödel. Das Weitere ist bekannt. Uli Kretzschmar betont allerdings ausdrücklich, „dass alles keine Originale sind, sondern nur nachgeschneiderte und nachgebaute Duplikate.“
Im Gegenzug hofft der Schlösserbetrieb mit dieser Aktion, schon vor dem Start der neuen Schau wieder Aufmerksamkeit für das Thema zu erzeugen. „Vor allem auch bei Besuchern aus Tschechien, die zum Einkaufen nach Dresden kommen.“ Blickfang ist dabei der übergroße Tanzschuh, der sonst vor dem Schloss stand und Aschenbrödels Porträt.
„Für uns ist diese Art der Werbung Neuland“, sagt der Schlösserland-Sprecher. „Wir sind neugierig, ob und wie das funktioniert.“ Mag sein, dass die mehr als 30 Grad Hitze vor dem Einkaufstempel nicht die richtige Wintermärchen-Stimmung aufkommen lassen. Trotz Klimatisierung im Inneren. Aber vielleicht liegt es ja auch an der fehlenden Musik, wie ein Facebook-Nutzer schreibt. Sehr viele Leute bleiben jedenfalls nicht stehen. Und wenn, dann nur kurz.
Eine Ausnahme ist das blonde Mädchen, das selbst wie eine kleine Prinzessin aussieht. Marie lässt sich von ihrer Mama alles genau erklären. Auch, dass es bald wieder eine richtige große Ausstellung gibt. „Da fahren wir dann hin, Mama, oder?“ Vermutlich wird die Familie aus Brandenburg im Winter noch einmal nach Sachsen kommen.
Die Arbeiten für die fünfte Aschenbrödel-Schau liegen jedenfalls im Plan, so Uli Kretzschmar. Nachdem die Fußböden der Ausstellungsräume verstärkt wurden, werden dort jetzt wieder die historischen Öfen eingebaut. Bis Ende August sollen die Bauarbeiten fertig sein. Kostenpunkt: 600 000 Euro.
Dann können die Ausstellungsmacher ihren Job erledigen. Zum Konzept der neuen Präsentation will der Sprecher noch nicht viel sagen. Etwas verrät er aber doch: „Die Ausstellungsfläche ist zwar kleiner als bei den letzten Schauen, dafür gibt es aber schon draußen etwas zu sehen. Denn diesmal werden beispielsweise auch die Kameraachsen mit einbezogen.“