Von Anja Hecking
Die Geschichte klingt märchenhaft. Und sie hat auch etwas mit einem Märchen zu tun. Als der Sohländer Thomas Klose am Vormittag des 24. Dezember aus der Bäckerei kommt, läuft ihm der stellvertretende Bürgermeister über den Weg. Der denkt ausgerechnet zu Weihnachten an den Sommer. Da feiern die Sohländer alle zwei Jahre ihr Heimat- und Rotsteinfest.
Ein Fest ohne Theater?
Sechs Feste hat es schon gegeben, und jedes Mal hat die Grundschule die Besucher mit einem bunten Programm begeistert. Doch nun ist die Schule zu. Und Gottfried Hanschmann treibt diese Sorge um, seit die Vereine zur Festvorbereitung auf den wunden Punkt gestoßen sind. Ein Heimatfest ohne Theater am Sonntagnachmittag – das hat es noch nie gegeben.
„Haste mal ne Minute Zeit?“, verwickelt er Thomas Klose deshalb kurzerhand am Weihnachtstag in ein Gespräch. Der denkt über den Jahreswechsel nach und ist schließlich einverstanden, das mit einigen anderen Sohländern in die Hand zu nehmen. Er holt sich Ines und Uwe Schwarz und Petra Kögler mit ran. Gemeinsam haben sie im vergangenen Jahr den „Froschkönig“ vorbereitet. Eine erste Überlegung, die Aufführung zu wiederholen, lassen die vier schnell fallen.
So entfachen sie die Idee, diesmal eine bunte „Kinder SHOWkolade“ einzustudieren. Mehrere Monate tüfteln sie an dem Konzept. „Jetzt sind wir bei 38 Seiten Text angelangt, und immer noch kommt Aktuelles dazu“, erzählt Uwe Schwarz. Seine Frau und Petra Kögler sitzen längst regelmäßig in der Kostümwerkstatt im alten Schulhaus. Und die 13 Mädchen und Jungen aus Sohland und Reichenbach proben seit zwei Monaten ihre Auftritte.
Jeden Sonnabend treffen sie sich im Schulhaus. Ohne die Bereitschaft der Eltern würde das gar nicht funktionieren. „Es ist natürlich nicht so einfach, alle immer zusammen zu trommeln und bei der Sache zu halten“, sagt Thomas Klose. Gesang und Tanz, „Rotkäppchen“ in moderner Form, große lebende Tiere und viele Überraschungen soll es am dritten Sonntag im Juli auf der Bühne am Gemeindeamt geben.
Die Acht- bis Elfjährigen bekommen dabei Verstärkung von zwei 14-jährigen Artisten aus der Reichenbacher Mittelschule. Auf anderthalb Stunden verteilen sich die einzelnen SHOWkoladenstückchen inzwischen. Gottfried Hanschmann atmet auf. Dass er die jungen Leute von seiner Idee überzeugen konnte, freut ihn besonders. Theater (auf der Bühne) wurde schon immer gern in Sohland gespielt, denkt der engagierte Rentner an seine eigene Schulzeit zurück. Im Endeffekt setzen sich die Sohländer so für ihren Heimatort ein. „Für die Kinder ist das außerdem eine sinnvolle Beschäftigung in der Freizeit“, sagt Ines Schwarz.
Viele haben sich angesteckt
Erfreut sind die Akteure auch, dass sie besonders den Bürgermeister Hubert Schäfer und den Gemeinderat hinter sich haben. Inzwischen konnten sie mit ihrem Enthusiasmus auch andere anstecken. Carsten Poost, der in Sohland ein Touristikunternehmen betreibt, sponsert eine Tagesreise für zwei Personen als Hauptgewinn bei der Wahl des beliebtesten Berg- und Wanderliedes für den Rotstein.
Diskotheker Ronny Kretschmar aus dem Ort sorgt für den guten Ton. Und der Löbauer Peter Petschel hat den Initiatoren zugesichert, dass er wieder für das richtige Licht und den Ton während der Show sorgen wird. Während er jetzt noch mit den irischen Stepptänzern durch die Lande tourt, kommt er in zwei Wochen schnell mal in das lang gestreckte Dorf am Fuße des Rotsteins. Das mag zwar eingebettet in die schöne Landschaft verträumt wirken. An Dornröschens Schlaf ist hier aber nicht zu denken.