Von Susan Ehrlich
Sie reist leidenschaftlich gern. Seit sie und ihr Mann den Ruhestand genießen, haben sie sich in der Welt umgeschaut, waren unter anderem in Afrika und Indien. „Ich würde jederzeit wieder dorthin fahren. Vor allem Afrika reizt mich sehr“, erzählt Waltraut Geisler. Seit 1964 lebt die frühere Zahnärztin mit ihrem Mann, einem Landarzt, in Jauernick-Buschbach. Und ihr Hobby ist die Malerei.
Dafür bringt sie von ihren Reisen so manche Idee mit nach Hause. „Die Illusion des Gefühls der intakten Natur in Afrika, das einfache Leben der Menschen dort und die unvorstellbare Armut in Indien beschäftigen mich“, sagt die Malerin. Nach der Wende haben sich die Geislers das Haus auf dem Kreuzberg gekauft und hier eine eigene Niederlassung eröffnet.
Es waren schwere Jahre, in denen das Malen für Waltraut Geisler etwas zu kurz kam. Dabei hatte sie sich diesem Hobby ohnehin erst wieder gewidmet, als die beiden Kinder groß waren. „Im Zeichenzirkel Hagenwerder und dann bei Werner Panitz und Waltraud Starke in Görlitz habe ich in den 70er Jahren mitgemacht“, sagt sie. Damals wurde die Malerei eine feste Größe in ihrem Leben.
Waltraut Geisler wurde Mitglied der Fördergruppe des damaligen Bezirkes Dresden und nahm an zahlreichen Studienwerkstätten bei Klaus Drechsler, Veit Hofmann, Horst Leifer, Günther Torges und anderen teil. Seit 1995 – als sie ihr Berufsleben als Zahnärztin beendete – widmet sie sich intensiv der Kunst und ist Mitglied im Oberlausitzer Kunstverein.
Im Erdgeschoss ihres Hauses hat sie sich ein Atelier eingerichtet. Früher war in diesen Räumen ihre Zahnarztpraxis untergebracht. Heute arbeitet die Tochter – ebenfalls Medizinerin – im Haus der Eltern.
Für sieben Enkelkinder steht die Oma inzwischen in der Pflicht. Im Garten rennen deren Meerschweinchen über die Wiese. Weil Tochter und Schwiegersohn beide Ärzte sind, müssen die Großeltern schon ab und zu mit ran. „Doch zwei Tage pro Woche gehören nur mir und meiner Malerei“, hat Waltraut Geisler mit ihrer Familie abgesprochen. Und das Wort gilt.
Während sie früher auch Blumen und Landschaften im Bild festhielt – „eben typische Frauenmalerei“ –, stehen heute immer wieder Menschen im Mittelpunkt ihres Schaffens. Bestimmte zwischenmenschliche Themen kommen zum Tragen, von denen eines auch der Schmerz ist. „Dass ich Figuren in Schmerz und Leid male, hängt vielleicht mit meinem Beruf zusammen“, vermutet Waltraut Geisler. „Aber auch die Einflüsse aus Indien und Afrika sind deutlich sichtbar.“
Die Frau mit der etwas streng wirkenden Frisur sagt von sich, dennoch Optimist zu sein. Sie spricht offen über das, was sie bewegt. Gern probiere sie Neues aus. Vom Aquarell sei sie zum Beispiel auf Acryl und Öl umgestiegen. Damit könne man spontaner arbeiten und bei Bedarf leichter etwas verändern. Auch Grafiken gestaltet sie.
Inspiration holt sich die 1936 geborene Malerin auch anderswo. In Görlitz gilt ihre große Liebe dem Nikolaifriedhof „am liebsten ganz früh, wenn die Vögel singen, oder abends, wenn wieder alles ruhig ist“.
Innere Ruhe und Zufriedenheit sind für sie sowieso Wurzeln des Glücks. „Ansonsten“, sagt sie, „ muss man irgendwann zu dem stehen, was man ist, hat und tut.“
Bilder von Waltraut Geisler sind noch bis zum 21. Juli in der Sonderausstellung „Kunst in Görlitz –jetzt!“, im Kaisertrutz zu sehen.