Von Sebastian Beutler
Es könnte das Comeback des Jahres werden: Der frühere Görlitzer Oberbürgermeister Joachim Paulick bewirbt sich als Spitzenkandidat seiner Wählervereinigung „Zur Sache“ um einen Sitz im Stadtrat. „Ich will mein Wissen und meine Kenntnisse aus den Jahren als Stadtrat und als Oberbürgermeister zum Wohle der Stadt Görlitz einsetzen“, sagt Paulick. Dass er im Falle seiner Wahl Probleme mit seinem Nachfolger Siegfried Deinege bekommen könnte, sieht er nicht: „Ich habe keine persönlichen Rachegedanken.“ Paulicks Kandidatur kommt insofern überraschend, weil er sich in den zwei Jahren seit der verlorenen OB-Wahl aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatte. Mit politischer Abstinenz habe das aber nichts zu tun gehabt, erklärt er: „Erstmal galt es das Wahlergebnis zu akzeptieren, dann wollte und musste ich mir eine neue Existenz aufbauen. Das habe ich erfolgreich geschafft. Und nun habe ich den Rücken wieder frei, um aktiv in der Stadtpolitik mitzuwirken.“




Wie Paulick streben zwölf weitere Frauen und Männer für die Wählervereinigung „Zur Sache“ in den Stadtrat. Vor fünf Jahren standen noch 40 Bewerber auf der Liste – ein Zeichen der großen Euphorie des Anfangs. Aus dem Stand erreichte die Wählervereinigung 13,7 Prozent und fünf Sitze im Stadtrat. Das ist auch die Messlatte für die Wahl am 25. Mai.
Diese Aufbruchstimmung hatte damals auch den Mediziner Dr. Peter Gleißner erfasst. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt wollte er sich politisch betätigen. Seit fünf Jahren steht er an der Spitze der gemeinsamen Fraktion von Zur Sache und SPD. Auch jetzt tritt der 72-Jährige wieder an, weil „Leute nötig sind, die danach schauen, dass sich Görlitz in die richtige Richtung entwickelt.“ Gleißner ist der härteste Kritiker der derzeitigen Rathausspitze und Stadtratsmehrheit. Verstöße gegen die Gemeindeordnung wirft er ihnen vor und dass ihre Politik der Stadt schade. Paulick formuliert diese Kritik vorsichtiger. „Nach Jahren, in denen wir den Haushalt saniert haben, fällt es jetzt natürlich leichter, Geld auszugeben“, sagt er. „Aber darüber darf nicht die mittelfristige Finanzsicherheit der Stadt gefährdet werden.“
Aus der heutigen Fraktion bewerben sich auch Detlef Schiener, Michaela Lange und Reiner Blumrich um ein neues Mandat. Der eben 60 Jahre alt gewordene Blumrich kandidiert zwar nur auf Platz zwölf, angesichts seiner Bekanntheit als Gastwirt in Hagenwerder muss das aber nichts heißen. Stadthalle, Kaufhaus, Belebung der Berliner Straße und von Hagenwerder – wenn Blumrich seine wichtigsten Vorhaben aufzählt, dann sind das auch die der Stadt. Die Stadthalle liegt auch Jens Jäschke am Herzen. Der 47-jährige Görlitzer betreibt das Antikhaus auf der Brüderstraße. Denkmäler interessieren ihn, im Moment auch die Zukunft der Hirschwinkelturnhalle. Seine Verbundenheit mit Joachim Paulick führte ihn auf die Wahlliste. „Er war der erste Oberbürgermeister, der die Stadt aus der Misere geholt, einen Überschuss im Haushalt erwirtschaftet hat. Das rechne ich ihm sehr hoch an.“
Auch Christina Lachmann fühlt sich mit Paulick und Gleißner verbunden. Ihre Kandidatur ist vielleicht die Überraschung auf der Liste von „Zur Sache“, galt die Gewerkschafterin doch als SPD-nah. Die 67-jährige Görlitzerin stammt aus dem Klinikum, wechselte nach der Wende ins Rathaus und später zur Gewerkschaft verdi. Für viele Görlitzer wurde sie als eine der Initiatoren des Bürgerentscheides gegen einen Verkauf des Klinikums bekannt. Genau dafür will sie sich auch im neuen Stadtrat einsetzen und Flagge für Görlitz zeigen. „Immer nur abseitsstehen und schimpfen bringt doch nichts“, sagt die couragierte Gewerkschafterin. Sie ist nicht die einzige bei Zur Sache aus dem Gewerkschaftslager: Hermann Bläß auf Listenplatz fünf stritt früher für die Rechte der Eisenbahner.