Von Sebastian Beutler und Tilo Berger
Ohne eine Annäherung im Streit hat gestern Morgen eine Informationsveranstaltung im Görlitzer Siemens-Werk stattgefunden. Dabei erklärte der Chef der Kraftwerkssparte, Willi Meixner, die Lage und die Pläne, wie Siemens darauf reagieren will. Beispielsweise durch die Schließung des Görlitzer Werkes bis 2023. Zwar sind die hier hergestellten Industriedampfturbinen gefragt. Der Vize-Betriebsratschef Ronny Zieschank sprach gegenüber dem ZDF von vollen Auftragsbüchern auch im kommenden Jahr. Doch hat Siemens mit dem Einbruch beim Verkauf großer Gas- und Dampfturbinen zu kämpfen, die an den Standorten Berlin und Mühlheim entstehen. Um dort die Produktion zu konzentrieren, sollen Görlitzer Geschäfte nach Mühlheim und nach Tschechien verlagert werden. Zumal gerade der Preiskampf bei Industriedampfturbinen weltweit besonders ausgeprägt ist.
Der Chef der Siemens-Division Power & Gas, Willi Meixner, zog nach der Informationsveranstaltung in Görlitz ein positives Fazit. Die Veranstaltung sei nicht einfach gewesen, aber gut verlaufen: „Die konstruktive Gesprächsatmosphäre und die Ideen, mit denen unsere Görlitzer Mitarbeiter die gravierenden Herausforderungen annehmen, die vor uns allen liegen, waren beachtlich. Es ist gut, dass wir jetzt mit der Arbeitnehmerseite in einen Dialog zur Zukunft der Division Power & Gas eintreten. Wir gehen heute davon aus, dass die Umsetzung der Maßnahmen für Görlitz nach den Beratungen drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Siemens wird niemanden von heute auf morgen auf die Straße setzen.“ Am Beschluss, das Werk 2023 zu schließen, halte der Konzern aber fest.
Nach Angaben des Betriebsrates konnten Mitarbeiter an Meixner Fragen stellen, sodass auch ein Dialog stattgefunden habe. Der Betriebsrat wertete die Informationsveranstaltung als „okay“, weil die Mitarbeiter zum ersten Mal direkt Informationen zu dem geplanten Sparprogramm von Siemens erhielten. Bislang gab es nur Medienberichte, Pressemitteilungen und eine Video-Schalte vor knapp zwei Wochen.
An der grundsätzlichen Lage aber hat sich nichts geändert. Gesamtbetriebsrat und IG Metall wollen erst mit der Konzernspitze über Umstrukturierungen verhandeln, wenn die Schließungspläne vom Tisch sind. Sie sehen darin einen Verstoß gegen das Randolfzeller Abkommen von 2013. Damals hatten sich beide Seiten darauf verständigt, keine Standorte zu schließen. Gestern Nachmittag trat der Görlitzer Betriebsratsvorsitzende Christian Heinke noch vor dem Görlitzer Stadtrat auf.