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Silber und Sekt für alle

Die Königsbrücker Feuerwehrtruppe kann ziemlich laut werden. Als jetzt ihr Leiter Ralf Messerschmidt im Rathaus das Feuerwehrehrenzeichen in Silber an die Brust geheftet bekam, salutierten die Kameraden mit „Gut Wehr“ so gewaltig, dass die umliegenden Fenster aus der Fassung zu fallen drohten.

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Von Reinhard Kärbsch

Die Königsbrücker Feuerwehrtruppe kann ziemlich laut werden. Als jetzt ihr Leiter Ralf Messerschmidt im Rathaus das Feuerwehrehrenzeichen in Silber an die Brust geheftet bekam, salutierten die Kameraden mit „Gut Wehr“ so gewaltig, dass die umliegenden Fenster aus der Fassung zu fallen drohten. Dann verließen die Floriansjünger den Saal und warteten diszipliniert auf das Ende der Ratssitzung. Denn es gab nun im Foyer des Rathauses Sekt zum Silber. Und Gold und Bronze – der Bürgermeister hatte auch zum kleinen Umtrunk für ausgezeichnete Sportler geladen. Apropos Disziplin! Die steckt irgendwie in dieser Messerschmidtchen Truppe. Als vorbildlich sogar für die anderen Wehren im Landkreis bezeichnet sie Kreisbrandmeister Dietrich Schniebel in seiner Laudatio zur Auszeichnung, Er ist der Ansicht, dass das zum großen Teil an Oberbrandmeister Ralf Messerschmidt liegt.

Leitspruch: Entweder richtig oder gar nicht

Dieser hat dafür keine große Erklärung parat. „Ich werte regelmäßig vor den Kameraden die Einsätze und Übungen aus, lobe die Einsatzfreudigen und frage den einen oder anderen, warum er nicht dabei war. Ich lasse nichts unausgesprochen, bin für jedes Wort offen. Vielleicht ist’s das.“ Die ihn näher kennen, wissen seine Ruhe und Geduld, aber auch seine Ausdauer und Konsequenz zu schätzen.

Er selbst sagt von sich: „Ich gehöre zu denen, die versuchen, möglichst alles richtig zu machen – oder die Sache erst gar nicht anzufangen.“ 1992 wählten ihn die Kameraden zu ihrem Leiter, wohl auch deshalb. 15 Jahre zuvor, 1977, war er in Gottschdorf in die Feuerwehr eingetreten. Mit fünf anderen Jungs. Motiv? Schulterzucken. „Im Ort gab es nur die Feuerwehr.“ Als dann die Floriansjünger den Bezirksmeistertitel im Feuerwehrkampfsport ins Dorf holten, machte die Sache richtig Spaß.

Neue Aufgaben auf den schnellen Straßen

Ralf lernte Schlosser, ging zur Armee, heiratete. 1988 zog das Paar Iris und Ralf Messerschmidt nach Königsbrück. Klar, dass sich der nun 27-Jährige im hiesigen Depot meldete. Fünf Jahre reichten, damit der langjährige Wehrleiter Siegfried Kühne sagen konnte: „Ralf, du bist der Richtige!“ Als Kühne-Nachfolger. „Aber erst gehe ich zur Feuerwehrschule. Ohne Qualifikation mache ich das nicht“, antwortete Messerschmidt. Gesagt, getan!

„Das war die Zeit der großen Umstellung“, erinnert er sich heute. Die Aufgaben der Wehr veränderten sich. Teile des ehemaligen Truppenübungsplatzes kamen hinzu. Immer öfter mussten sie auf die B 97 ausrücken – zu den Unfällen. „Einmal die Woche zur Laußnitzer Heide war Pflicht.“ Sie wurde zur Horrorstrecke, weil einige Verkehrsteilnehmer mit sich und den neuen, schnellen Autos überhaupt nicht zurechtkamen. Messerschmidt und Kollegen besuchten Lehrgänge für Schere, Spreizer und Hebekissen. Bald gehörte das Gerät zur Ausrüstung. „In den 90er Jahren schnitten wir jährlich acht bis zehn Personen aus ihrem Blech, jetzt drei bis vier.“ Von den gegenwärtig rund 70 Einsätzen im Jahr sind 15 bis 20 Hilfeleistungen bei Verkehrsunfällen. Und an Tote gewöhnt sich kein noch so erfahrener Feuerwehrmann. Als kurz hintereinander seine Mannschaft zwei Tote bergen musste, darunter ein 14-jähriges Mädchen, bat Ralf Messerschmidt einen Seelsorger ins Depot. „Dann muss darüber gesprochen werden, wie jeder diese schockierenden Erlebnisse verarbeitet. Die innere Spannung muss raus. Man darf nicht vergessen, dass wir uns alle solchen möglichen Situationen freiwillig ausliefern“, erklärt der Wehrleiter. Deshalb sei seine Truppe auch nicht mit einem Sport- oder Briefmarkenverein vergleichbar. Manchmal werde das aber in der Öffentlichkeit so gesehen: Freizeitbeschäftigung mit Gaststättenbesuch. Dabei sind aller 14 Tage montags zwei Stunden Ausbildung angesagt – und für die 30 Kameraden regelmäßige Tagesbereitschaft. Acht bis zehn müssen springen, wenn der Pieper piept. „Wir sind eine kleine Stadt mit ständiger Einsatzbereitschaft.“ Da freut es den Wehrleiter immer wieder, dass es bisher nicht einen einzigen Ausfall gab. „Das klappt schon mit uns.“ Zu dem Uns gehören gegenwärtig noch acht Angehörige der Jugendfeuerwehr und sechs Kameraden der Alters- und Ehrenabteilung.

Was ärgert noch? Messerschmidt überlegt nicht lange. Kaum würde Dank gesagt werden von Menschen, die von seinen Leuten praktisch wieder ins Leben zurück befördert wurden. „Höchstens kommen Anfragen, ob wir Bilder für die Versicherung hätten.“ Aber das stecken die Königsbrücker weg. Zumal ein großer Geburtstag am 29. und 30. August angesagt ist: 130 Jahre Feuerwehr. An beiden Tagen laden die Kameraden zum Tag der offenen Tür und allerlei Festlichkeiten. Die Jungs um Messerschmidt können nicht nur laut werden, sondern auch vorzüglich feiern.