Von Annett Kschieschan
Mit dem Frühling beginnt die Zeit der Radfahrer. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hat dazu passend jetzt eine Umfrage unter Radfahrern veröffentlicht. Deren Ziel: Herauszufinden, wie radelfreundlich deutsche Städte sind. Das Urteil fällt in vielen Bereichen eher mittelmäßig aus. Kamenz wurde in der Umfrage nicht explizit berücksichtigt. Doch der Fragenkatalog des ADFC ist auch hier anwendbar. Die SZ hat die wichtigsten Probleme unter die Lupe genommen.
So sind die Kamenzer Straßen
fürs Radfahren ausgelegt
Ganz Mutige haben es auch in den letzten, schneereichen Wintertagen getan. Sie sind mit dem Rad in Kamenz unterwegs gewesen. Aber wie gut lässt es sich in der Lessingstadt – unabhängig vom Wetter – radeln? Das Urteil von Jörg Stern, Kamenzer, Grünen-Politiker und passionierter Radfahrer, fällt schlecht aus. „Fast die gesamte Innenstadt ist für Radfahrer eine Katastrophe. Die Straßen sind schmal, es gibt Kopfsteinpflaster“, schätzt er ein und nennt als Beispiele die Pulsnitzer und die Bautzener Straße. Auch der ADFC stellt in seiner Untersuchung fest: Noch sind in vielen deutschen Städten zu wenig Straßen wirklich fahrradfreundlich ausgebaut.
So einen Stellenwert hat
das Radfahren in Kamenz
Der Club – und mit ihm viele Radfahrer – fordert ein Umdenken bei den Stadtplanern. Jörg Stern fallen dafür gute Gründe ein. „Der Radverkehr nimmt an Bedeutung immer mehr zu, besonders von Frühjahr bis Herbst, viele Schüler nutzen das Rad, andere auf dem Weg zur Arbeit und in der Freizeit.“ Die Politik reagiere noch sehr zögerlich. „Besonders von Bundes- und Landesebene kommen fast nur schöne Worte. Die Vorteile für die Gesamtgesellschaft, etwa weniger Lärm, Abgase, Straßenbelastung, werden zu wenig beachtet“, findet er. Das größte Problem: An viel befahrenen Strecken fehlen Radwege zum Teil ganz, so an der Staatsstraße 95 von Kamenz bis Steina und zwischen Zschornau und Milstrich oder auch auf der Straße nach Brauna.
So sicher fühlen sich die
Radfahrer in Kamenz
Sicherheit ist auch für Radfahrer das wichtigste Thema. Konflikte mit Fußgängern erleben die meisten nach Angaben des ADFC dabei fast genauso oft wie Konflikte mit Autofahrern. Auch Hindernisse auf Radwegen sind ein Thema. Gemeint sind damit Drängelgitter, Laternen oder Werbeständer. Außerdem finden die Radler, das Fahrräder auch häufiger gestohlen werden. Im Polizeibericht tauchen entsprechende Meldungen für Kamenz und die Region regelmäßig auf. Ein besonderes Problem bleibt das Fahren auf der Straße. Viele Radler monieren, schon häufiger bedrängt worden zu sein. Gefährlich und umständlich findet Jörg Stern in Kamenz den Kreuzungskomplex Macher-/Oststraße „Man erwartet von den Radfahrern, dass sie teilweise absteigen und ihr Rad über die Straßen schieben. Es ist auch sehr umständlich, immer den rechten Radweg zu benutzen“, sagt er.
So steht die Stadt zu den
Wünschen der Radler
Wie aber wird eine Stadt fahrradfreundlicher? Der ADFC hat klare Kriterien. Dazu gehören die Oberfläche der Radwege sowie deren Breite, die Abstellmöglichkeiten für Räder und die Mitnahmemöglichkeiten in Bus und Bahn. Was Letztere angeht, sind die Optionen in Kamenz und Umgebung zumindest teilweise gegeben. Ein Großteil der Busse hat Platz für Räder. Um Besucher ins Lausitzer Seenland zu locken, ist im Sommerhalbjahr sogar ein Fahrradbus unterwegs. Abstellflächen könnte Kamenz vor allem im Zentrum brauchen
Untätig ist die Stadtverwaltung in Sachsen Fahrradfreundlichkeit nicht – wenn gleich man mit Blick aufs Zentrum auch auf „Zwänge durch die historische Bausubstanz“ verweist. „Die Stadt Kamenz ist sich der wachsenden Zahl der Fahrradfahrer bewusst und will den Anforderungen zur sicheren Nutzung der Straße auch weitestgehend gerecht werden. Aus diesem Grund wurde und werden bei allen Straßenbaumaßnahmen bei Bedarf auch Radwege geplant und umgesetzt“, so Stadtsprecherin Dr. Gisela Seidel. Beispiele seien die Goethe- und die Weinbergstraße. Für einen kombinierten Geh- und Radweg an der Nordstraße und am Siedlungsweg wurden 160 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Außerdem macht sich das Rathaus für den Neubau eines Radweges an der S 95 zwischen Schiedel und Zschornau bis Milstrich stark. Eine Vorplanung ist erstellt. Gleiches gilt für den Weg in Richtung Brauna.
Solche Probleme gibt es bei den
aktuellen Radwegplänen
Auch wenn die Zeichen für den Neubau des Radweges im Norden der Stadt positiv stehen, gibt es noch Probleme. Etwa beim Erwerb der notwendigen Flächen. Doch im Rathaus macht man Mut. „Die Vorplanungsphase wird hier in Kürze abgeschlossen sein, sodass die Unterlagen zur Genehmigung an das Landesamt übergeben werden können“, so Dr. Seidel. Schon lange stockt der Weiterbau des Radweges zwischen Kamenz und Pulsnitz. Bereits mehrfach haben Radfahrer auf die gefährlichen Bedingungen hingewiesen – sogar mit Protest-Touren. Bislang ohne Erfolg. Ende März soll es immerhin einen neuen Abstimmungstermin dazu geben.