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So entschärft Dresden gefährliche Radwege

An vielen Stellen in der Stadt verlaufen Radwege direkt neben Parkstreifen, eine Gefahrenstelle für Radfahrer - die bald verschwinden könnte.

Von Kay Haufe
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Auf der St. Petersburger Straße starb 2018 eine Radfahrerin. Ein sogenanntes Geisterrad erinnert seitdem an sie.
Auf der St. Petersburger Straße starb 2018 eine Radfahrerin. Ein sogenanntes Geisterrad erinnert seitdem an sie. © Sven Ellger

Dresden. Als die Parkflächen auf der St. Petersburger Straße im vorigen Jahr wegfielen, waren viele Dresdner empört. Doch diese Entscheidung  hatte einen ernsten Hintergrund: eine Radfahrerin verunglückte dort 2018 tödlich, als sie in eine sich öffnende Autotür fuhr, auf die Straße stürzte und von einem Auto überrollt wurde. 

Ein weißes Fahrrad erinnert seitdem auf dem Grünstreifen an die Frau. Damit sich solche tragischen Unfälle nicht wiederholen, hat Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) die Parkflächen streichen und einen städtischen Parkplatz am Ferdinandplatz als Alternative einrichten lassen

Doch die Kombination von Längsparkflächen und danebenliegendem Radweg gibt es noch auf anderen Dresdner Straßen, bestätigt er. Konkret betrifft es die Bodenbacher Straße im Abschnitt zwischen Zwinglistraße bis Augustusbergstraße, die Budapester Straße von der Josephinenstraße bis zum Dippoldiswalder Platz, weiterhin die St. Petersburger Straße von der Zufahrt zur Tiefgarage bis zur Sidonienstraße. Außerdem weisen die  Striesener Straße von der Hans-Grundig-Straße bis zum Fetscherplatz sowie die Winterbergstraße vom Schilfweg bis zur Oskar-Röder-Straße nebeneinanderliegende Radwege und Parkplätze auf. Und es gibt weitere Straßen, auf denen die Schutzräume für Radfahrer nicht breit genug sind, wie auf der Fetscher- oder der Glacisstraße.  

Unfallkarte zeigt Schwerpunkte

Dass es auf einigen Straße bereits mehrfach Unfälle mit Radfahrern gegeben hat, zeigt die Unfallkarte des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) auf. Die Einmündung von der Josephinen- auf die Budapester Straße ist gefährlich, drei Unfälle wurden dort gezählt. Auf der Striesener Straße haben sich 14 Radunfälle ereignet, die meisten wieder an Kreuzungen. Ein großer Schwerpunkt ist auch die Winterbergstraße mit 16 Unfällen im Teilbereich. 

Was tut die Stadt, um auf den genannten Straßen sicheres Fahren für Radfahrer zu gewährleisten? "Unsere Verkehrsplaner überprüfen gerade, wie wir Gefahrenstellen für Radfahrer durch sich öffnende Autotüren beseitigen", sagt der Baubürgermeister. Es werde überlegt, Fahrbahnen umzumarkieren oder das Tempo an diesen Stellen auf 30 Stundenkilometer zu reduzieren. Außerdem müssten auch Ersatzstellflächen für Autofahrer angeboten werden, wenn Parkplätze wegfielen. "Diese Prüfungen haben für uns absoluten Vorrang im Arbeitsplan", so Schmidt-Lamontain.

Der ADFC hatte bereits Ende Januar auf der Winterbergstraße für mehr Verkehrssicherheit  demonstriert. Radfahrende sind dort auf einem schmalen Schutzstreifen zwischen parkenden und fahrenden Autos unterwegs. "Der notwendige Überholabstand von 1,5 Metern wird hier sehr oft nicht eingehalten, da die Fahrbahnmarkierung ein enges Überholen forciert", schätzt Gesa Dickert vom Vorstand des ADFC ein. Nach Ansicht des ADFC können auf der Winterbergstraße breite Radfahrstreifen eingerichtet werden, wenn einer der beiden Parkstreifen entfällt.

"Die Winterbergstraße ist laut Radverkehrskonzept Bestandteil der wichtigsten Ost-West-Route südlich des Elberadwegs", sagt Dickert. Rund 16.400 Fahrzeuge sind dort täglich unterwegs, deshalb müsse man dort schnell etwas für Radfahrer verbessern. 

Für alle anderen genannten Straße hält sie individuelle Lösungen für angebracht. "Wenn zwischen Parkflächen und Radweg genügend Platz sei, müssten die Stellflächen nicht zwingend weg. Ein Tempolimit sei in solchen Bereich aber immer günstig, da Radfahrer bei Tempo 30 gut "mitschwimmen" könnten.   

Parkplätze könnten wegfallen

Für Autofahrer könnten demnach bald weitere Parkplätze wegfallen. Allein an der Striesener Straße wären das 120, insgesamt ist von 170 die Rede in der Stadtverwaltung. Doch wann das soweit sein soll, steht nicht fest. Für CDU-Stadtrat Veit Böhm muss es jedoch immer auch eine Lösung für Autofahrer geben. "Nicht jeder kann auf das Auto verzichten, Anwohner müssen weiterhin Parkplätze finden können", sagt er. Was es für Händler bedeutet, wenn viele Stellflächen wegfallen, könne man an der Oschatzer Straße beobachten. Mehrere Läden schlossen. Zudem verweist Böhm auf das Radverkehrskonzept, was für ihn Priorität hat und abgearbeitet werden soll.     

Die Zahl von Unfällen mit Radfahrern und die von bei Radunfällen Verunglückten steigen seit 2016 in Dresden kontinuierlich an. Waren es 2016 noch 1.316 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung, lag sie 2018 schon bei 1.563. Im ersten Halbjahr 2019  gab es 639 Unfälle mit Radfahrern. In den Jahren 2017, 2018 und 2019 starben fünf Dresdner Radfahrer nach Unfällen. Vor wenigen Wochen verlor erneut eine Radfahrerin aus diesem Grund ihr Leben

Erst am vergangenen Wochenende gab es deshalb eine Demo für eine Verkehrswende. Die Teilnehmer forderten die sofortige Entschärfung von Unfallorten mit Tempo 30 und eine Sperrung für Fahrzeuge für sieben Tage sowie eine sichere Umplanung von Unfallorten nach maximal zwölf Wochen.

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