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Wer hat in Dresden die meisten Schulden?

Das hängt auch davon ab, in welchem Stadtteil man lebt. Eine Übersicht.

Von Kay Haufe & Sandro Rahrisch
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In vielen Dresdner Sparschweinen ist nichts oder nur wenig Geld.
In vielen Dresdner Sparschweinen ist nichts oder nur wenig Geld. © imago/Christian Ohde

Unbezahlte Raten für den neuen Fernseher, nicht beglichene Arztrechnungen und Inkassofirmen, die Versicherungsbeiträge eintreiben wollen: Wer Schulden hat, sammelt bei Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform Minuspunkte und hat für die nächste Zeit schlechte Chancen, etwa einen Handyvertrag abschließen zu können. In Dresden hatten im vergangenen Jahr vor allem die Pieschener mit Überschuldung zu kämpfen, wie Creditreform mitteilt. Eine Analyse.

Wer hat in Dresden die meisten Schulden?

Viele junge Menschen, hohe Schulden? Zumindest leben in Pieschen besonders viele Menschen, die in der Kreide stehen und das Geld weder jetzt noch in absehbarer Zukunft selbst oder über einen Kredit zurückzahlen können. Reichlich 20 Prozent zählte Creditreform im vergangenen Jahr – das ist Rekord. Nur unwesentlich weniger waren es in Gorbitz und Prohlis. Zwar standen die drei Dresdner Stadtgebiete bereits vor zehn Jahren an der Spitze des Schuldneratlasses. Allerdings waren damals nur zwischen 12 (Prohlis) und 17 Prozent (Pieschen) der Einwohner überschuldet. Immerhin zeichnete sich im Vergleich zum vorletzten Jahr eine leichte Verbesserung in den drei Gegenden ab.

In welchen Stadtteilen wohnen die wenigsten überschuldeten Dresdner?

Musterschüler ist Langebrück. Nur etwa drei Prozent der Einwohner dort können Geld an Banken, Krankenkassen oder Inkassounternehmen nicht durch ihre Einkünfte zurückzahlen oder abstottern. Auch die Weixdorfer, die Loschwitzer und die Pillnitzer kommen gut mit dem Geld aus, das sie verdienen oder als Rente bekommen. In allen drei Gegenden ist die Schuldnerrate in den letzten zehn Jahren außerdem gesunken. So waren 2008 noch doppelt so viele Weixdorfer überschuldet.

© Grafik: Gernot Grunwald

Wie hat sich die Zahl der Schuldner in Dresden insgesamt entwickelt?

Stadtweit gesehen hat sich die Situation im vergangenen Jahr leicht verbessert. Genau 9,27 Prozent der Volljährigen war überschuldet. Das entspricht rund 42 300 Einwohnern – das ist jeder elfte Dresdner. Im Jahr zuvor waren es noch 9,39 Prozent.

Was sind die häufigsten Gründe, weshalb sich Dresdner überschulden?

Das Klischee vom Lebemann, der das Geld mit vollen Händen zum Fenster rauswirft, trifft auch auf den Dresdner Schuldner zu. „Günstige Ratenzahlungsmöglichkeiten suggerieren den Kunden Zahlungsfähigkeit. Sie binden sie aber teilweise jahrelang. Eine Veränderung der Lebensumstände in dieser Zeit kann dann negative Auswirkungen haben“, sagt Thomas Schulz, der Prokurist von Creditreform. Viel häufiger aber sind Erkrankungen und Unfälle, aber auch Suchtprobleme Auslöser dafür, dass Menschen ihren Lebensunterhalt nicht mehr aus eigener finanzieller Kraft bestreiten können. Diese Ursachen stiegen deutschlandweit im Vergleich zu 2008 um 44 Prozent an.

Dazu kommt die unwirtschaftliche Haushaltsführung, die im Vergleichszeitraum 32 Prozentpunkte hinaufkletterte. Sie bildet laut Creditreform in vielen Fällen schleichend den Einstieg in eine Überschuldungsspirale. „Niedrige Zinsen haben einen geringeren Sparwillen zur Folge. Sparguthaben werden aufgebraucht, und das Geld wird ausgegeben. Langfristig fehlen somit Rücklagen für unerwartete Ausgaben, was eine Überschuldung zur Folge haben kann“, so Schulz. Hinzu kommt, dass Wohnen in Dresden nicht mehr preiswert ist. „Neben den Mieten werden öffentlicher Personennahverkehr, Dienstleistungen, Kultur und Bildung immer teurer. Der Umzug in andere Stadtteile schafft nur bedingt Abhilfe, um der Schuldenspirale zu entkommen“, analysiert der Prokurist. Positiv zu vermerken sei, dass immer weniger Dresdner hoch verschuldet seien, weshalb Privatinsolvenzen abgenommen hätten. Vor allem Jüngere bauten Schulden schneller ab, obwohl sie auch stärker von unangemessenem Konsumverhalten betroffen seien. Arbeitslosigkeit und gescheiterte Selbstständigkeit würden in Dresden als Schuldenursache dagegen abnehmen.

Welche Personengruppen sind besonders davon betroffen?

Generell sind Schulden Männersache, sie stellen deutschlandweit fast zwei Drittel aller überschuldeten Personen. Allerdings betreffen alle neuen Fälle besonders Frauen. Fast zwei Millionen Frauen zwischen 30 und 39 Jahren stehen in den Miesen. Ältere Frauen werden ihren Lebensunterhalt künftig am schlechtesten betreiten können. 2018 müssen rund 263 000 Menschen in Deutschland ab 70 Jahren als überschuldet eingestuft werden, ein Plus von 35 Prozent zum Vorjahr.

Haben die Menschen im Westen mehr oder weniger Schulden?

Während in Sachsen jeder Zehnte über 18 Jahren überschuldet ist, ist es in Dresden jeder Elfte. Zum vergleich: In Leipzig kann jeder Seibte seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen. Damit liegt Sachsen bundesweit weiter auf dem 4. Rang hinter Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen. Allerdings hat sich der Grundtrend umgekehrt: Während die Zahl der Überschuldungsfälle im Osten zurückgeht, steigt sie im Westen weiter an.