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So viel Spielraum hat ein Politik-Lehrer

Der Wechsel eines ehemaligen AfD-Stadtrates an ein Riesaer Gymnasium sorgte zuletzt für Diskussionen. Jetzt äußert sich das Kultusministerium.

Von Kevin Schwarzbach
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Der Beutelsbacher Konsens und der Lehrplan gelten als Leitfaden für den Geschichts- und Politikunterricht. Doch Lehrkräfte genießen auch gewisse Freiheiten.
Der Beutelsbacher Konsens und der Lehrplan gelten als Leitfaden für den Geschichts- und Politikunterricht. Doch Lehrkräfte genießen auch gewisse Freiheiten. © Symbolbild: Frank Molter/dpa

Riesa/Dresden. Die Neueinstellung des ehemaligen Dresdner AfD-Stadtrats Gordon Engler als Geschichts- und Politiklehrer am Städtischen Gymnasium in Riesa hat nicht nur in den sozialen Netzwerken wie Facebook für hitzige Debatten gesorgt (SZ berichtete). Auch unter den Lehrern im Landkreis Meißen kamen Diskussionen um die Personalie auf.

Während manche Lehrkräfte die öffentliche Debatte um Gordon Engler scharf kritisieren und eine Trennung seines Berufes und seines Engagements in der AfD einfordern, warnen andere davor, Englers Aktivitäten bei der AfD zu verharmlosen. Eine demokratische Haltung sei gerade in heutigen Zeiten, in denen so stark polarisiert werde, enorm wichtig, so eine Lehrerin aus dem Kreis Meißen gegenüber der SZ. 

Mit Bezug auf Engler meint sie: Ein Lehrer könne nicht „in seiner Freizeit antidemokratisch sein und dann im Berufsleben so tun, als wäre alles in Ordnung.“ Das gelte besonders für all jene Lehrkräfte, die in den gesellschaftlichen Fächern unterrichten.

„Lehrplaninhalte sind verbindlich“

Ein anderer Kollege aus der Region kann der ganzen Debatte hingegen „rein gar nichts abgewinnen.“ Er meint: „Gesinnungsschnüffelei hatten wir im letzten Jahrhundert schon mal, darauf kann ich verzichten.“ 

Die Diskussion lasse völlig außer Acht, dass sich auch ein Vertreter der AfD an den Lehrplan zu halten habe – ob er das wolle oder nicht. „In einer Schule spricht sich schnell herum, was ein Lehrer in seinem Unterricht sagt und behandelt. Da kann man nicht völlig unbemerkt die Geschichtsschreibung demontieren.“

Doch welche Freiheiten genau hat ein Geschichts- und Politiklehrer eigentlich in seinem Unterricht? Diese Frage kam in den vergangenen Tagen auch unter einigen Eltern auf. Seitens des sächsischen Kultusministeriums gibt es darauf eine klare Antwort: „Die Lehrplaninhalte sind verbindlich.“ 

Das Ministerium schränkt auf Anfrage der SZ aber auch ein: „Der Lehrplan gibt eine Orientierung für die Behandlung einzelner Lernbereiche in Form von Richtstundenzahlen.“ Davon könne jeder einzelne Lehrer nach pädagogischem Ermessen abweichen. Auch die Reihenfolge der Behandlung der Themen im Schuljahr bestimme der Lehrer. 

„Da die Lehrplaninhalte nur für 25 Unterrichtswochen beziehungsweise in Abschlussklassen für 20 Unterrichtswochen festgelegt sind und das Schuljahr durchaus länger ist, bleiben Spielräume, um zum Beispiel Klassenfahrten zu Gedenkstätten oder besondere Projekte durchführen zu können.“

„Lehrer werden hospitiert“

Doch all das seien nur theoretische Vorgaben, merken einige Eltern an. Was sich am Ende tatsächlich im Geschichts- und Politikunterricht abspiele, sei für das Ministerium nur schwer zu überprüfen, finden sie. Im sächsischen Kultusministerium sieht man das etwas anders. 

„Lehrer werden im Unterricht hospitiert“, heißt es auf Anfrage der SZ. Eine konkrete Vorgabe zur Häufigkeit gebe es aber nicht. „Das entscheidet der Schulleiter vor Ort.“ Generell sei der Rektor an seiner Schule für die Einhaltung der Lehrpläne verantwortlich. „Gibt es Auffälligkeiten, werden auch Hospitationen unter Einbeziehung von Fachberatern und/oder Schulreferenten durchgeführt“, so das Kultusministerium.

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