So war der Polizeiruf aus Frankfurt/Oder

Von Thomas Schade
Er heiße Elias, und Gott habe ihn geschickt, so glaubt es Jonas, schleicht sich in den Kreißsaal des städtischen Krankenhauses Frankfurt (Oder) und schneidet ein Kind aus dem Leib von Larissa. Zuvor hatte er die 16-Jährige davon abgehalten, hochschwanger von der Stadtbrücke in die Oder zu springen. Der neugeborene Junge hat nicht Trisomie 18, wie alle Ärzte vorhergesagt haben, er ist gesund. Und Larissa, die an den Folgen des amateurhaften Kaiserschnittes stirbt, war noch Jungfrau, so der Gerichtsmediziner. Ist es das göttliche Ereignis von der unbefleckten Empfängnis, mit dem es die deutsch-polnischen Ermittler Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) in ihrem neunten Fall zu tun haben? Um es vorwegzunehmen: Lenski, die Atheistin, und der katholische Raczek können das nicht klären. Wie auch.
Und so tappt jeder auf seine Weise durch den religiös angehauchten Kriminalfall. Lenski wie immer hart an den Fakten, Raczek emotional aufgewühlt, weil seine krebskranke Mutter seinen Beistand sucht.

In der Tristesse beiderseits der Oder wächst Jonas in der binationalen Ehe der Fleischhauers auf. Er erliegt vollkommen dem Einfluss seiner streng katholischen Mutter Magda (Anna Grycewicz). Der Junge glaubt schließlich selbst, Elias zu sein, der Prophet aus dem Alten Testament, der den wahren Gott verkündet, Unreines wie eine Abtreibung bekämpfen muss und Tote zum Leben erwecken kann. Als Jonas sogar seiner Mutter unheimlich wird, muss er sich regelmäßig dem Exorzismus eines Priesters unterziehen.
Vor allem Tom Gronau als Jonas sorgt dafür, dass die schwierige Kombination aus Religion und Polizeiruf einigermaßen glaubhaft rüberkommt. Vollkommen kann das wohl nicht gelingen. Ein Krimi am Sonntag ist eben keine Bibelstunde. Aber mit der Fahndung nach dem verlorenen Sohn Gottes gelingt es, die Spannung zu halten. Richtig gut spielt der 23-jährige Polizeiruf-Gast, als er vom Tod der 16-jährigen Larissa erfährt. Jonas muss in seinem Wahn erkennen, dass er keine Toten auferstehen lassen kann. Unaufdringlich, respektvoll, aber mit voller Breitseite loten Autor Hendrik Hölzemann und Regisseur Rainer Kaufmann in „Heilig sollt ihr sein“ aus, wie viel Bibel ein „Polizeiruf 110“ vertragen kann. Ein skurriler Fall, in dem die Ermittler eher geräuschlos, aber wieder einmal heftig aneinanderrasseln.