Von Bettina Klemm
Die Stadt hat das Klassenziel verfehlt: An 46 Tagen herrschte im vergangenen Jahr über der Stadt dicke Luft. An der Messstelle Bergstraße wurden die Werte für Feinstaub und Stickoxide überschritten. Feinstaub darf an maximal 35 Tage laut Vorschriften der Europäischen Union über der Norm liegen. In den ersten beiden Monaten 2012 waren die Werte schon an 18 Tagen zu hoch. Die Chancen, das Ziel zu erreichen, stehen nicht gut.
Grenzwertüberschreitungen sind Gesetzesverstöße, sagt Dirk Hilbert. Die Stadt versuche mit ihrem Luftreinhalteplan dagegenzusteuern. Im Mai hat der Stadtrat ein Bündel mit 122 Einzelmaßnahmen beschlossen, um eine Umweltzone und damit ein Fahrverbot für ältere Fahrzeuge zu verhindern. Gestern stellte Dirk Hilbert die bis Ende November erreichten Ergebnisse vor.
Jobtickets: Mehr Menschen sollen Bus und Bahn fahren
Dirk Hilbert ist selbst vom Dienstwagen auf die Straßenbahn umgestiegen, zumindest auf dem Arbeitsweg. Die Bahnfahrt nutze er zum Zeitunglesen. So wie er hatten zum 30. November 2011 exakt 9026 Personen von 50 Dresdner Unternehmen ein Jobticket. Durch die Vereinbarung ihrer Unternehmen mit dem Verkehrsverbund Oberelbe erhalten die Mitarbeiter günstigere Monatskarten. Etwa doppelt so viele sollen es laut Luftreinhalteplan werden.
Der Freistaat bietet seinen Mitarbeitern das Jobticket ab 1. März an. 1470 haben sich bereits gemeldet. Falk Lösch, Sprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe, geht davon aus, dass sich die Zahl im nächsten halben Jahr mindestens verdoppeln werde. Insgesamt haben die Fahrgastzahlen bei den Dresdner Verkehrsbetrieben im vergangenen Jahr einen neuen Rekord erreicht.
Fazit: Dresden ist auf gutem Weg.
Parken: Auto Abstellen in der Innenstadt nur gegen Geld
Am Wettiner Platz ist es gut zu verfolgen. Dort stehen seit kurzer Zeit Parkautomaten, und es gibt wieder freie Parkplätze. Dresden will es Autofahrern erschweren, in die Stadt zu fahren. Deshalb soll es in der gesamten Innenstadt bis Jahresende nur bewirtschaftete und Anwohner-Parkplätze geben.
Zum Konzept gehören auch Park+Ride-Plätze. Dresden hat derzeit neun und drei weitere in Planung.
Fazit: Ziel fast erfüllt.
Umrüsten: Keine „Stinker“ mehr auf Dresdens Straßen
Statt Fahrverbot für alte Fahrzeuge will Dresden lieber eine freiwillige Erneuerung der Flotte erreichen. „Bei den Pkw haben wir 94 Prozent erreicht. Ungünstiger sieht es bei den Nutzfahrzeugen aus. Hier wurden bis November 54 statt der avisierten 63 Prozent erreicht“, sagt Wolfgang Socher vom Dresdner Umweltamt. Auch die Stadtverwaltung hinkt mit etwas über 60 Prozent dem Ziel noch hinterher. Jetzt will sie aber zusätzlich eine Million Euro bereitstellen, um beispielsweise die Winterdienstfahrzeuge zu erneuern. Auch die Stadtentwässerung Dresden wird ihren Fuhrpark modernisieren.
Gut voran sei auch die Wirtschaft gekommen, erklärte Handwerkskammer-Geschäftsführer Andreas Brzezinski. Die gute Konjunktur habe die Erneuerung der Fuhrparks gefördert. Nachteilig sei es allerdings, dass es vergangenes Jahr keine Förderung zur Umrüstung gab. Bei der Fahrzeugbeschaffung gebe es derzeit erhebliche Lieferzeiten.
Fazit: Halbzeit.
Tempo: Vorrang und freie
Fahrt für Busse und Bahnen
Die Dresdner Verkehrsbetriebe konnten 18 umweltfreundliche Hybridbusse anschaffen. Auch die Modernisierung der Straßenbahnflotte ist abgeschlossen. Aber hinsichtlich der Fahrzeit kommen sie nicht voran. Auch die Pläne, mehr Güter mit der Straßenbahn zu transportieren, gingen nicht auf.
Fazit: Bisher nicht erfüllt.
Kontrolle: Pförtnerampeln drosseln Verkehr ins Zentrum
Der Luftreinhalteplan sieht eine Steuerung der Verkehrsmenge vor. Dafür sollen sogenannte Pförtnerampeln sorgen. „Wir haben die Analysen für die Radeburger/Hansastraße und die Leipziger Straße weitgehend abgeschlossen“, sagt Socher. Dabei müsse genau geprüft werden, dass die Dresdner Maßnahmen keine negativen Auswirkungen auf das Umland haben. Eine Pförtnerampel an der Radeburger Straße scheint sehr wahrscheinlich. Die bestehenden Ampeln haben in dem Gebiet bereits diese Funktion und müssten nur noch genauer abgestimmt werden.
Fazit: In Planung.
Verbot: Laster sollen nicht
mehr durch die Stadt fahren
Dresden hat erste Verkehrsschilder aufgestellt, um den Durchgangsverkehr von Fahrzeugen über 3,5 Tonnen zu verhindern. Aber es gebe noch Diskussionen mit der Landesdirektion und dem Autobahnamt dazu. Ähnliches gilt für eine Beschränkung auf Tempo 100 auf den stadtnahen Autobahnen.
Fazit: Teilerfolg.
Bau: Auf besseren Straßen wird weniger Staub aufgewirbelt
Um die Feinstaubbelastung zu senken, müssen die Straßen in Ordnung gebracht werden. 2011 wurden laut Bericht 4,6 Kilometer neu gebaut, 72,8 Kilometer ausgebaut und 33,1 Kilometer erhielten eine neue Deckschicht.
Bis zum Ausbau gelten für die Königsbrücker und die Bautzner Straße eine Tempobegrenzung auf 30 km/h.
Fazit: Noch viel zu tun.
Plan: Nachweis der Wirkung
bis zum Sommer vorgesehen
Trotz 54 Umweltzonen hat sich bundesweit die Feinstaubbelastung 2011 erhöht. Das bestärkt Dresden auf dem Weg, lieber ein anderes Verkehrsverhalten zu fördern. Im Sommer gibt es den nächsten Bericht. Bis dahin wird auch mit einer Reaktion aus Brüssel auf das Dresdner Konzept gerechnet.