Von Anna Neef
Das Feldbett hat Peter Irion immer dabei – in seinem Autobus, hinter dem er einen Anhänger über Deutschlands Bundesstraßen zieht. Wichtigstes Transportgut: Berge von Riesaer Nudeln. Die Teigwaren bringt der 45-Jährige auf Wochen- und Jahrmärkten an die Leute. „Geben sie mir zwei. Die kenn' ich noch von früher“, sagt eine Passantin auf dem Markt im erzgebirgischen Aue. Irion reicht ihr zwei Rucksäcke mit je zweieinhalb Kilo Nudeln. Das Geld in der Bauchtasche verstaut, schenkt er der Frau ein Lächeln und sagt „Danke“.
Mit Marktschreiern möchte er nicht verglichen werden. „Die sind immer so laut. Außerdem verkaufe ich nicht Masse, sondern Qualität. Das muss bei den Leuten rüberkommen.“ Und Irion weiß, wovon er spricht. Seit acht Jahren verdient er als fahrender Händler sein Geld. Der gelernte Automechaniker ist selbstständig. Das war er schon einmal, als Betriebsleiter eines Werkzeuggroßhandels in Chemnitz. Doch diese Firma schlitterte in die Pleite. „Danach wollte ich nicht einfach die Hände heben und aufs Sozialamt gehen.“
Riesaer Nudeln verkauft er seit einem Jahr. „Ich vertrat die Firma mal auf einer Messe. Daraus ist die dauerhafte Zusammenarbeit entstanden.“ Weil es mit ihm so gut lief. Das tat es auch in Aue. Ein ums andere Mal griffen die Passanten zu. In wahlweise roten, gelben oder blauen Rucksäcken befinden sich die Nudeln – eine Werbeaktion, die ankomme. „Im Osten muss ich sowieso weniger reden als in den alten Bundesländern. Die Leute von hier schätzen die bekannten Produkte, kennen die Firma aus DDR-Zeiten.“ Auf größeren Veranstaltungen, etwa in Baden-Baden, Rostock oder Dresden begleiten Peter Irion manchmal sogar lokale Radio- oder TV-Sender. Irion lacht und viel von seiner Gelassenheit überträgt er auf seine Kunden. Doch trotz allen Spaßes bleibt es ein hartes Brot, ständig mobil zu sein. „Ich sitze nur auf der Kiste“, sagt Irion, der eine Baseball-Kappe auf dem Kopf trägt, deren Sonnendach er nach hinten gedreht hat. Auf der Armatur seines Autos steht einsam ein kleiner Fernseher. Dem wendet sich der Brüheimer Abends zu. Nur im Umkreis von 300 Kilometern fährt er zum Übernachten nach Hause. Ansonsten schläft er in Pensionen, im Auto oder bei Bekannten. „Das ist das Gute an dem Job: Ich lerne unheimlich viele Leute kennen.“
Meistens, so sagt er, findet er eine Waschgelegenheit. Mitunter macht ihm das Wetter einen Strich durch die Rechnung. „Mich stören Regen und Schnee nicht. Das Problem ist, dass bei Hundewetter niemand auf den Markt geht.“ Ähnlich mau sei es in der Ferienzeit. Peter Irion sieht das gelassen. „Schließlich gibt es in allen Berufen Vor- und Nachteile.“ Nur so weit ins Privatleben reichen wenige. Lediglich langfristige Termine wie Messe-Veranstaltungen erfährt er weit im Voraus, die Fahrpläne mit dem Nudelwagen oft kurzfristig. „Irgendwie muss meine Freundin mit der Situation klarkommen. Manchmal gibt's natürlich Stress. Ich versteh' das auch.“ Doch am Ende zählt allein die Arbeit. Ans Aufhören denkt der mobile Unternehmer nicht. „Es macht Laune, auch wenn einem Verpflichtungen im Nacken sitzen.“