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Soldat sein ist (k)ein Beruf wie jeder andere

Viele Reaktionen löste der Beitrag über einen Oberfeldwebel in der Grundschule  aus. Die Schule sagt, sie würde ihn wieder einladen.

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Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Nimm jeden Tag als Neubeginn! Öffne dich dem Neuen und sei bereit zu lernen! Dieser Ausspruch Sebastian Kneipps gilt in der Grundschule Ponickau als Leitmotiv. Ob das auch bei der Diskussion um den Auftritt des Oberfeldwebels Karsten Thieme von der Bundeswehr gewirkt hat? Darüber gibt es geteilte Ansichten. Die SZ-Veröffentlichung dazu und der Aufruf zur Meinungsäußerung lösten jedoch eine Lawine an Reaktionen aus. Sieben Leserbriefe druckte die Redaktion seit dem 3. Mai ab.

In der Schule hätte es allerdings keine Rückmeldung von Eltern gegeben, so Schulleiterin Andrea Haase. Trotz des Pro und Kontras würde die Grundschule jederzeit wieder eine solche Berufsvorstellung veranstalten. Der Großenhainer Oberfeldwebel eines Hubschrauberstützpunktes, den Schulleiterin Andrea Haase persönlich kennt, hatte nur Fragen von freiwillig teilnehmenden Kindern beantwortet.

„Ich finde, der Beruf des Soldaten ist ein Beruf wie jeder andere, und ich kenne Kinder, die gern Soldat werden wollen“, sagt Yvonne Ramm, die Elternsprecherin der Schule. Ihre Tochter aus der dritten Klasse wäre nicht bei der Veranstaltung dabei gewesen. Ramm: „Ich finde nicht schlimm, das jemand von der Bundeswehr in eine Grundschule kommt.“ Mit Kindern sollte man aber über alles sprechen, auch über den Krieg.

Eine ähnliche Ansicht vertritt Frank Dregenus, Pfarrer in Ponickau und ebenfalls Elternteil eines Grundschulkindes. Bisher hätte er sich noch wenig Gedanken über die Veranstaltung gemacht, gibt er zu. Dregenus findet es aber gut, dass die Eltern vorher informiert waren und ihr Einverständnis gegeben haben. „Die Auseinandersetzung um diesen Beruf ist wichtig, denn die Kinder bekommen über die Medien ja doch Einblicke ins Kriegsgeschehen in anderen Ländern und haben Fragen dazu“, sagt er. Den Beruf des Soldaten empfindet der Kirchenmann als etwas Besonderes, weil seine Verantwortung so groß ist. „Ich war selbst nicht bei der Armee, denn hätte sich die Wende nicht ereignet, wäre ich Bausoldat geworden“, sagt Frank Dregenus. Für ihn wäre es nicht in Frage gekommen, eine Waffe anzufassen. Aber er toleriere die Haltung, wenn selbst Christen darin eine Aufgabe für ihr Land sehen.

Was den Ponickauer aber sehr bewegt, ist die Reduzierung aufs Technische, die so vielleicht auch in der Grundschule stattgefunden hat. „Das wäre einseitig. Man darf auch über das Töten vor Kindern kein Blatt vor den Mund nehmen“, ist der Pfarrer überzeugt. „Man muss ihnen sagen, wie dramatisch das ist.“ Unter dem Gesichtspunkt sieht er die aktuelle Radiowerbung für den freiwilligen Dienst beim Bund problematisch. Und Bauchschmerzen hat er auch mit den Rüstungsexporten: „Damit wird Geld verdient, auch der Staat lebt davon“, sagt Pfarrer Dregenus.

Als „Friedensstifterin im Kleinen“ sieht sich Beate Naumann. Mit ihrem Mann hatte sie die Diskussion um die Schulgesprächsrunde angefacht und sich kritisch zum Auftritt des Soldaten geäußert. „Viele haben uns gesagt, dass es gut war, das wir unsere Meinung nicht versteckt haben“, so die Thiendorferin. „Uns war wichtig, dass es zu so einer Diskussion kommt.“

Ganz anderer Ansicht ist dagegen der Vater eines Ponickauer Grundschulkindes, der nicht genannt werden will. Er hält die Pazifisten für Extremisten, die von den Bündnisverpflichtungen der Bundeswehr nichts verstünden. Es sei doch die Sache jedes Einzelnen, ob er sich in Afghanistan erschießen lassen will oder nicht. Auch aus seinem Familienkreis seien Männer bei der Bundeswehr. Der Beruf sei wichtig und sorge für Sicherheit, die wir in Deutschland haben – und sei es auch am Hindukusch.