Von Birgit Ulbricht
Zur sächsischen Gartenschau hat es die Stadt getan, zur 800-Jahrfeier auch – die Ruinen mit Bildern bemalt oder verkleidet oder gleich mit riesigen Netzen abgehangen, die mit Grün berankt wurden. Wir fragten jetzt auf unserer Facebook-Seite „SZ Großenhain“: Soll die Stadt ihre Ruinen zum Tag der Sachsen verstecken? Erste Reaktionen sind eingegangen und die sprechen sich einhellig dagegen aus. So kommentiert Thomas So die Frage mit der Anmerkung: Nichts vertuschen – die Wahrheit zeigen. Auch Ronny Eckert plädiert dafür „zu zeigen, wie es vielerorts aussieht“. Andreas Einbock meint: „Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit!“ Und Conny Schwarz antwortete ihm darauf: „Richtig. Großenhain muss sich nicht hinter Stoff oder Bildern verstecken. Zeigen wir doch, wie unser Städtchen ausschaut, auch mit Ruinen in der Innenstadt.“ Eine Anregung gibt Sabine Gäbler zu diesem Thema. Sie schreibt: „Wie sollte man das ehemalige IFL-Gebäude in der Poststraße zum Beispiel verstecken? Eine kleine Tafel mit Angabe von Gründen über den Zustand und die geplante Zukunft würde ich super finden. Dann kann jeder sehen, dass wir daran arbeiten, und die Ruinen nicht vergessen sind.“ Der Großenhainer Künstler Sebastian Bieler findet diese Idee toll und postete noch etwas geheimnisvoll: „Wir arbeiten daran.“ Arbeiten daran? Die SZ fragte Stadtplaner Stefan Militzer, wie die Stadt mit diesem Thema umgehen will. „Ja, wir wollen ein Gebäude markant gestalten, vielleicht mit Wandverschönerung, Graffiti – so weit sind wir noch nicht“, so Militzer. Feststeht, es soll das Gesellschaftshaus in der Poststraße sein und es soll mehr als nur eine abgehangene Fassade herauskommen. Derzeit laufen die Gespräche mit Eigentümer Torsten Kettel. Die Stadt hat auch 460 Hausbesitzer angeschrieben und gebeten, Wimpelketten an ihren Häusern aufzuhängen. 15 Weiteren hat man angeboten, bei der Gestaltung leerer Schaufenster und maroder Ansichten zu helfen.


Doch all das kann nicht über das Problem Ruinen hinwegtäuschen. Beim sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG) wird das Thema Schrottimmobilien fast bei jeder Bauausschusssitzung diskutiert, sagt SSG-Geschäftsführer Mischa Woitschek. Die Sorgen der Kommunen sind mannigfaltig. Sie beginnen schon damit, dass Erbengemeinschaften oft gar nicht mehr auszumachen sind. Und gehen mit der Frage weiter: Wer soll die Sicherung am Ende bezahlen? Doch auch die rechtlichen Hürden sind hoch: Eine Notsicherung ist noch lange nicht schön, und sie löst das Problem nicht. Denn gerade in der Innenstadt reicht ein Abriss nicht. Die Lücken müssten sofort neu bebaut werden, damit Nachbargiebel eben nicht nachrutschen können oder Bauschutt keine Stau-Nässe in die Nachbarhäuser zieht. Doch Neubau wird durch Programme wie den „Stadtumbau Ost“ nicht gefördert, sondern nur die Wegnahme von Wohn- oder Geschäftsraum vom Markt, jedoch kein neu geschaffener. Viele Grundstückseigentümer sind damit überfordert.
Großenhains Stadtbaudirektor Tilo Hönicke fordert deshalb ein neues Förderprogramm speziell für Innenstädte, damit die überhaupt noch ihre typische Stadtstruktur erhalten können. Denn immer mehr Parkflächen sind auch keine Lösung.