Sonderausschuss soll Kita-Krise lösen

Es sind Monat für Monat die gleichen Zahlen und sie werden nicht besser: Der Stadt Freital fehlen Plätze in Kindergärten und Krippen. Schon jetzt ist die Zahl der Eltern, die ein Anrecht auf einen Betreuungsplatz haben, auf eine dreistellige Summe angewachsen. Bis April liegen 149 Anträge vor, aber es gibt nur acht Plätze. Im Sommer dürfte die Zahl auf mehr als 300 Kinder steigen, die einen Kitaplatz in Freital brauchen – aber nach heutigem Stand keinen bekommen können.
Die Stadt begründet das Dilemma seit Wochen mit akutem Personalmangel. So habe man zwar freistehende Räume in den Kitas, aber keine Erzieherinnen. Trotz zahlreicher Stellenanzeigen und Werbemaßnahmen seien kaum Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden, heißt es aus dem Rathaus.
Immerhin: Zur Stadtratssitzung am Donnerstagabend teilte der Leiter des Freitaler Sozialamtes, Steffen Caspar, den Stadträten mit, dass man in diesem Jahr bereits 16 neue Erzieher einstellen konnte. Allerdings fangen die neuen Mitarbeiter nicht alle sofort an – manche beenden erst im Sommer ihre Ausbildung und steigen dann ab August in den Beruf ein. Immerhin nehmen zwei Erzieher ab demnächst ihre Arbeit auf. Dazu kommen weitere vier Kandidaten, die erst am vergangenen Donnerstag zum Vorstellungsgespräch waren und einen guten Eindruck hinterließen. Auch ihnen habe man sofort Arbeitsverträge angeboten.
Elternzeit, Krankheit, Rente
Demgegenüber stehen in diesem Jahr etliche altersbedingte Abgänge, auch mit Kündigungen muss die Stadt rechnen. Des Weiteren sind vier angestellte städtische Erzieher für einen längeren Zeitraum krankgeschrieben, 17 Frauen sind in Elternzeit, im Mutterschutz oder haben aufgrund einer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot erhalten.
Um zusätzliche kurzfristige Lösungen zu finden, möchte die Stadt nun mit einem freien Träger kooperieren, der keine Personalprobleme hat. Der Plan ist, zeitnah in einer städtischen Kita drei Krippen- beziehungsweise Kindergartengruppen zu bilden, die von dem freien Träger betreut werden. Um welchen Verein es sich dabei handelt, wollte Caspar nicht sagen. Dem Vernehmen nach ist es ein Anbieter, der in Freital bereits aktiv ist.
Zudem ist geplant, die ehemalige Grundschule Kleinnaundorf als Kindergarten wieder zu aktivieren. Das Haus, in dem noch bis zum Schuljahresende mehrere fünfte und sechste Klassen des Wilsdruffer Gymnasiums untergebracht sind, soll als Interimsstandort für einen Kindergarten genutzt werden. Und zwar so lange, bis ein entsprechender Neubau steht.
"Ein Ende des Kita-Problems ist nicht absehbar"
Doch die Stadträte wollen noch mehr. „Ein Ende des Kita-Problems ist leider nicht absehbar. Das wird uns noch Jahre beschäftigen“, sagt Lars Tschirner (Bürger für Freital). Die Zahlen geben ihm recht, denn den Prognosen zufolge ist mit einer anhaltend hohen Geburten- und Zuzugsrate zu rechnen. Dazu kommt, dass der Betreuungsschlüssel weiter verändert werden soll. Jeder Erzieher soll insgesamt weniger Kinder betreuen müssen. Demzufolge steigt der Personalbedarf.
2004 arbeiteten 160 Erzieher an Freitaler Krippen, Kindergärten und Schulhorten. Inzwischen sind es 370 Stellen. 2025 dürften es 530 Stellen sein. Tschirner beantragte deshalb bereits in der vorangegangenen Stadtratssitzung, einen Sonderausschuss einzusetzen. Er erhofft sich neue Impulse und Ideen von Außenstehenden, wie man Personal gewinnen und verteilen kann. Darüber entflammte eine heftige Diskussion.
„Der Sozial- und Kulturausschuss, in dem ich seit zwanzig Jahren sitze, beschäftigt sich mit dem Thema immer wieder. Da kann gerne jeder Stadtrat dazu kommen und sich dort einbringen“, argumentierte Franziska Darmstadt (CDU). Man brauche deshalb nicht noch einen separaten Sonderausschuss. Klaus Wolframm, Fraktions-Chef des Mitte-Links-Bündnisses, hielt dagegen, dass man in Freital gute Erfahrungen mit Sonderausschüssen gemacht habe. „Da kamen schon viele gute Ergebnisse. In so einem Ausschuss hat man die Zeit, neue Ideen zu diskutieren. Wir brauchen den Ausschuss auch, um Druck auszuüben und etwas anzuschieben.“
Freie Wähler machen einen Kompromissvorschlag
Frank Gliemann (Freie Wähler) schlug als Kompromisslösung vor, in jedem Sozial- und Kulturausschuss das Thema Kindergartenplätze ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen und auch Nichtmitglieder in die Diskussion einzubeziehen. „Die Stadträte wollen helfen. Je mehr Leute nachdenken, desto mehr Ideen gibt es.“
Martin Rülke, CDU-Fraktionsvorsitzender, sprach sich gegen den Sonderausschuss aus. „Noch eine Ausschuss-Sitzung mehr bringt uns einer Lösung nicht näher. Wir reden dann nur zweimal über dasselbe – einmal im Sozial- und Kulturausschuss und einmal im Sonderausschuss.“
Antragsteller Tschirner erwiderte, dass ja beim Thema Kita-Plätze im Sozial- und Kulturausschuss irgendetwas schiefgelaufen sein muss. „Sonst hätten wir jetzt diese Situation nicht. Vielleicht ist es auch ein strukturelles Problem. Was auch immer, die Bürger erwarten von uns Ergebnisse.“
Mit knapper Mehrheit konnte er sich durchsetzen: 16 Stadträte stimmten für die Einrichtung des Sonderausschusses, 15 waren dagegen, der Rest enthielt sich. Damit ist der Antrag angenommen. Bereits in der April-Sitzung wird es darum gehen, den Sonderausschuss zu besetzen, damit er die Arbeit aufnehmen kann und dann hoffentlich schnell Lösungen findet.
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