Von Ulrike Keller
Blass und geschafft sieht sie aus, eine junge Frau mit Kinderwagen. Durch den Eingangsbereich seines Sonnenstudios in Riesa ruft Bernd Günther „Herzlichen Glückwunsch!“. Er sieht sie zum ersten Mal mit ihrem Nachwuchs. „Die Leute kommen, weil sie sich wohl fühlen“, sagt Günther. Aber der Anteil der unter 30-Jährigen sei wesentlich geringer als jener der über 50-Jährigen. Das Gros liege zwischen 30 und 50 Jahren. Früher waren es mehr Jüngere – eine Folge der demografischen Entwicklung. In der Zeit von Wiedervereinigung bis Jahrtausendwende öffneten extrem viele Bräunungsläden im Landkreis. Etwa die Hälfte schlossen in den vergangenen Jahren. Anke Leonhardt aus Triebischtal – als Beispiel – hat zum Jahresende die Sonnenbank aus ihrem Haarstudio ausgesondert. Nach fast 18 Jahren. Die Nachfrage war stetig gesunken. Dennoch: Von einer sterbenden Branche will Günther nicht reden. Seit 1992 verkauft er Sonnenbänke, seit 1997 hat er ein Sonnenstudio. Er spricht von einer Phase des Umbruchs.
Ein Umbruch, der voriges Jahr durch ein EU-weites Gesetz verstärkt wurde. Diese UV-Schutzverordnung besagt im Kern: Solarien dürfen nur noch Bräunungsgeräte mit maximal 0,3 Watt pro Quadratmeter betreiben. Außerdem besteht die Pflicht, qualifiziertes Fachpersonal zu beschäftigen, das Kunden zu Hauttyp und Verbrennungsgefahr beraten kann. Das Gesetz forderte also die Umrüstung der Geräte und die Weiterbildung der Angestellten. SB-Läden mit mehr als zwei Sonnenbänken wurden verboten.
Für Monique Just in Großenhain hieß das, ihr gesamtes Konzept umzustricken. Denn fünf ihrer sechs Sonnenstudios liefen bisher im Selbstbedienungsbetrieb, um eben jene Kunden zu erreichen, die wegen einer gewissen Scheu anonym kommen wollen. Trotzdem begrüßt Just das Gesetz. Es beuge dem rücksichtslosen Umgang mit Kunden vor, meint sie. Viele hätten sich nun mit dem Thema beschäftigt. Dadurch habe sie sogar Nutzer hinzugewonnen, vor allem unter den älteren Leuten. Wie ihre Kollegen geht Monique Just fest von der gesundheitsförderlichen Wirkung des UV-Lichts in Sonne und Solarium aus. Vorausgesetzt: Die Dosis stimmt.
Mit all den schlechten Klischees von „Münzmalle & Co.“ wollte auch Mathias Winterlich aufräumen. Deshalb übernahm der langjährige Sonnenstudiogänger vergangenen August ein Studio in Meißen. Vergleicht er seine Zahlen mit denen der Vorgängerin, erwirtschaftet er bereits ein Umsatzplus von 15 Prozent. Dass viele Mitbewerber in Meißen aufgegeben haben, kommt ihm nach eigener Einschätzung zugute. Allerdings hat er auch kräftig in Werbung investiert und profitiert von Ärzten, die die künstliche Sonne zum Beispiel bei Vitamin D-Mangel empfehlen, um das Immunsystem zu stärken.
Schüler und Studenten nutzen die Bräune aus der Röhre bei Winterlich genauso wie Handwerker, Anzugträger und eine Handvoll Herren jenseits der 80. Ob die Geräte nach neuer Norm ausgestattet sind, wollte bislang etwa ein Drittel der Gäste wissen, erzählt der Chef. Allerdings fürchteten die nicht etwa ein höheres Verbrennungsrisiko, sondern eine ungenügende Bräune. Unzufrieden seien nur etwa fünf von rund 800 Nutzern gewesen. Winterlich ist guter Dinge, dass das neue Gesetz eine gesundheitsbewusstere Klientel anlockt.
Den Preis fürs Umrüsten einer einzelnen Sonnenbank beziffern die befragten Betreiber mit 800 bis 2 000 Euro. Manche sehen diese Kosten aber nicht als zusätzliche Investition, da die Röhren ohnehin regelmäßig ausgewechselt werden müssen. Alle Studios haben die Ausgaben nach eigenen Angaben bewusst nicht auf die Besonnungspreise umgelegt. Schwieriger als die Geräte-Vorschrift zu erfüllen, so hat sich gezeigt, ist es für die Betreiber aber, die verordnete Weiterbildung zu besuchen. Denn angeboten wird diese nur von zwei zertifizierten Unternehmen. Winterlich ist froh, im April einen Termin ergattert zu haben.
Am heutigen Tag beginnt Frank Fullert eine solche Schulung in München. Der Inhaber eines mit Solarium ausgestatteten Fitnessstudios in Radebeul glaubt, dass mit der Qualifizierung des Personals die Anerkennung der Branche wachsen wird. Seine Kunden sind zwischen 18 und 45 Jahren. Es seien überwiegend Leute, die das Solarium bewusst nutzen, zum Beispiel für die nahtlose Bräune oder für die Psyche. Zwar steige die Nachfrage momentan leicht an, für den Umsatz blieben die Einnahmen aber unbedeutend. „Vor zwanzig Jahren gehörte ein Solarium ins Fitnessstudio“, sagt Fullert. „Heute würde ich nicht mehr unbedingt eines kaufen.“