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„Sonst zerkau’ ich Dir den Kopp“

Eine Heidenauerin fordert Geld von ihrem Ex-Mitbewohner. Ihre Brüder mischen sich ein. Und am Ende stehen alle schlechter da.

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Von Stephan Klingbeil

Er hätte wohl besser wie vereinbart bezahlen sollen: 90 Euro schuldet Dennis F. seiner ehemaligen Mitbewohnerin Laura M. Es war ein Darlehen, dass der Dresdner der angehenden Friseurin aus Heidenau noch heute vorenthält. Doch nicht nur das: Auch soll der arbeitslose 21-jährige F. der jungen Frau eine Mietkaution über 100 Euro zurückgeben. Bislang hatte er sich geweigert. Dass dieser Streit, bei dem es ursprünglich um 190 Euro ging, jetzt den Strafrichter beschäftigt, hätten die beiden ehemaligen WG-Bewohner sicher gerne vermieden.

Vor dem Amtsgericht Pirna musste sich die 19-jährige Friseurin in spe, ihre Brüder Tom (25) und Norman (28) sowie eine Bekannte des Trios verantworten. Versuchte Nötigung lautete der Vorwurf gegen die Heidenauer. Das Quartett soll am 15. Juni vorigen Jahres in der WG von Dennis F. und einem weiterem Mitbewohner in der Lübbenauer Straße in Dresden-Prohlis aufgetaucht sein. Dort hätten sie mit Nachdruck Darlehen und Mietkaution eingefordert. Sogar einen Vertrag mit Ratenzahlung hätten sie dem jungen Hartz-IV-Empfänger angeblich angeboten.

Doch Dennis F. sagte damals, er hätte kein Geld. „Die haben mich bedrängt“, erinnert sich der 21-jährige Dresdner vor Gericht. „Und dann kam der Typ mit der Glatze hinzu, der bis dahin vor der Wohnungstür stand.“ Der fremde Mann hätte sich vor ihm aufgebaut und gedroht: „Rück das Geld raus, sonst zerkau’ ich Dir den Kopp.“

Heidenauerin war nicht dabei

Das hatte der Dresdner bei der Polizei ausgesagt. Nun, ein Jahr später, ist er sich nicht mehr sicher. Die Ermittlungen gegen den Glatzenmann sind im Sande verlaufen, sagt die Staatsanwaltschaft. Dass der Vorfall nun trotzdem verhandelt wurde, hängt auch damit zusammen, dass die Heidenauer damals den 800 Euro Fernseher des Mitbewohners aus der Dresdner Wohnung als Pfand für die Schulden mitnahmen.

Die 19-jährige Angeklagte und ihre Brüder schwiegen dazu vor Gericht, genauso wie zu den anderen Vorwürfen. Nur die vierte Mitangeklagte wetterte in Richtung des mutmaßlichen Geschädigten: „Ich war überhaupt nicht in der Wohnung, weiß nicht mal, wo die Lübbenauer Straße ist.“

Auch Dennis F. zweifelte vor Gericht, ob die Frau dabei war. Er habe sie nach dem Vorfall mit seinem Mitbewohner bei Facebook im Internet wiedererkannt. Nun sei er sich unsicher. Das reichte dem Gericht nicht aus – das Verfahren gegen die offenbar unbeteiligte Heidenauerin wurde ohne Auflagen eingestellt. Ähnlich lief es für die drei Mitangeklagten. Nur müssen die Geschwister je 50 Euro als Auflage an das Diakonische Werk Pirna zahlen. Ferner sollen sie den Fernseher zurückgeben. Dazu organisiert die Jugendgerichtshilfe eine Vermittlung im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs. Dort soll auch geklärt werden, wie Dennis F. Darlehen und Mietkaution zurückzahlt. Die Kosten für diesen bizarren Prozess trägt übrigens der Steuerzahler.