Sorgenfalten an der Via Regia

Königsbrück. Jürgen Kleefeldt vom Heimatverein Königsbrück und Umgebung war jetzt sachsenweit unterwegs. Im Äther. MDR-Radio Kultur bringt regelmäßig im O-Ton Empfehlungen für das kommende Wochenende, und der 79-Jährige lud die Hörerschaft mit warmen Worten in die Architekturmodellbau-Ausstellung am Schlosspark ein. Sozusagen als Abstecher von den Kamelien aus, die derzeit am Schloss ganz in der Nähe in voller Blüte stehen. Jeden Sonntag von 13.30 bis 16.30 Uhr wird deshalb auch die Modellausstellung mit Schauwerkstatt geöffnet. Und siehe da: Gleich am Sonntag nach dem Wochenendtipp waren deutlich mehr Besucher als sonst im Via-Regia-Haus, das ja sozusagen das alte Militärlager in Königsbrück überlebt hat. „Und die Besucher waren rundum begeistert“, bestätigt Dieter Boyrich vom Heimatverein.
Zu wenige wissen vom Kleinod
Diese kleine Episode am Rande umreißt das ganze Grundproblem: In Königsbrück gibt es ein Kleinod, von dem einfach zu wenig wissen. „Würden unsere Modellausstellung in der Sächsischen Schweiz stehen, wir würden wohl überrannt werden“, meint Jürgen Kleefeldt. Tatsächlich verirren sich zu wenige Touristen nach Königsbrück. Ab und zu, wie auch am Mittwochvormittag, hält mal ein Bus am Stadtpark. Dann kommt Bewegung ins Haus, aber richtig. Dann müssen sogar zwei Gruppen gebildet werden, damit man sich nicht über den Haufen rennt. Und Guides, die geteilte Führungen durchführen können, gibt es noch genügend im Heimatverein.

Nur, wie lange noch? Die meisten wie Jürgen Kleefeld oder Dieter Boyrich sind um die 80 Jahre alt. Sie haben den Aufbau der jetzt fast 20-jährigen Modellausstellung hautnah miterlebt und können mit Leidenschaft von den Anfängen berichten, die ja vor allem von Rückkehrer Egon Schöne (†) initiiert wurden. Zunächst standen die Modelle im Schloss, aber seit auch schon wieder zwölf Jahren sind sie im Klinkerbau am Stadtpark untergebracht. Immerhin 37 Modelle gibt es, und das 38. steht halbfertig in der Werkstatt, die derzeit leider verwaist ist. „Ende des Jahres waren unsere letzten geförderten Werkstattstellen ausgelaufen“, so Jürgen Kleefeldt. Zunächst sah es ganz schlecht aus, aber jetzt gibt es hier seit einigen Tagen doch einen Hoffnungsschimmer. Auch Jürgen Loeschke freut sich auf drei sogenannte AGH-MAE (also Arbeitsgelegenheit-Nehmer mit Mehraufwandsentschädigung), wie die früheren ABM-Kräfte im wunderschönen Amtsdeutsch heute offiziell bezeichnet werden. „Wir haben dafür beim Jobcenter Leute gewinnen können, die schon bei uns waren. Mit ihrem Geschick werden wir ab Mai das Bethaus der Brüdergemeine Herrnhut fertigstellen“, hofft Jürgen Loeschke.

Der langjährige Bürgermeister von Königsbrück (1990 bis 2008) hat den Modellnachbau von herausragenden Gebäuden an der Via Regia immer maßgeblich mitgefördert und engagiert sich nun beinahe zwangsläufig im Heimatverein. Auch, oder erst recht, weil nicht alle Blütenträume gereift sind. Der Aufbau einer Modellausstellung im Park hinter dem Via-Regia-Zentrum hat sich als viel zu aufwendig erwiesen, und auch die Umnutzung des 78 Meter langen, früheren Militaria-Unterstandes zu einer kompakten Dauerausstellung der Modelle konnte bisher nicht realisiert werden. Das grenzübergreifende EU-Projekt der kleinen Via Regia im Modellmaßstab 1:25 kam leider nicht zustande. Immerhin ist die Idee in der architektonischen Anmutung von Christine Tenne aus Kamenz heute selbst ein zu bestaunender Teil der Ausstellung. Und wer weiß, vielleicht kann sie ja doch irgendwann reaktiviert werden?
Vieles hängt von den nachfolgenden Generationen ab. Und da sieht es nicht rosig aus. Die heutigen Mitstreiter werden immer älter und deren Sorgenfalten immer tiefer. „Wir brauchen ganz dringend junge Leute“, sagt Dieter Boyrich. Dass sich so wenig Heranwachsende für den Modellbau interessieren, beklagt auch Jürgen Loeschke. Wobei nicht nur geschickte Hände gefragt wären, sondern auch ein verjüngtes Vor-Ort-Management. Vielleicht würde sich das eher einstellen, wenn das einmalige Projekt in Königsbrück mehr Aufmerksamkeit insgesamt erfahren würde? Einig sind sich die Mitstreiter im Heimatverein, dass es dazu eine engere Einbindung des Modellbaus in den Tourismus der Region bräuchte. Und, wenn die Via Regia keine Chance bietet – was eigentlich sonst?
