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Spezialisten und Tüftler am Telefon

Fernmeldetechniker bewahren Geschichte und stellen Teile ihrer Sammlungen jetzt im Stadtarchiv aus.

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Von Sabine Bachert

Es ist ein bisschen so, als würden Großväter und Enkel die elektrische Eisenbahn in Betrieb nehmen. Der eine kennt sich mit den Feinheiten der Technik aus, der andere staunt. Diesmal geht es nicht um Eisenbahnen, sondern um das Telefon.

Dieter Krumbiegel führt an einem Modell vor, wie es klappt, dass der Max mit dem Moritz telefonieren kann und alle Gespräche hübsch in die richtige Richtung geleitet werden. Es ist sozusagen der Blick ins tiefste Innere der Telefonie, der vier- bis sechsmal im Jahr den Neugierigen gewährt wird, die zum Tag der offenen Tür den Mitgliedern der Interessengemeinschaft Historische Fernmeldetechnik e. V. über die Schulter schauen.

Bloß nichts verschrotten

Wer die Vermittlungsanlage System 22 – wobei die Zahl immer in etwa für das Jahr der Einführung steht, hier also 1922 – genügend bestaunt hat, kann gleich noch einen Blick direkt ins Telefon riskieren. Eberhard Luther ist der Endgerätespezialist des Vereins. Vorsichtig hebt er das Oberteil hoch und präsentiert eine verwirrende Anzahl von Drähten, Kondensatoren, Knöpfen und so weiter. Mit diesem Telefon vermittelten zu DDR-Zeiten die Damen im Sekretariat die Gespräche zwischen Chef und höchstem Chef oder Mitarbeitern. Seit der Vereinsgründung 1999 haben die über 40 Mitglieder der Interessengemeinschaft schon so manches Telefon und einige Anlagen und Geräte vor dem Schrotthandel bewahrt. Sie konnten ihren Fundus aus Nachlässen ehemaliger Mitarbeiter oder Sammler erweitern. Und die Vereinsmitglieder geben selbst manch lieb gewonnenes Teil her, damit die Geschichte der Fernmeldetechnik noch lückenloser dargestellt werden kann.

Zwei Etagen über den Räumen an der Hertha-Lindner-Straße tüfteln und bauen Fernmeldetechniker zwischen hohen, sehr technisch aussehenden Wänden. „Es ist das in der DDR entwickelte vollelektronische Fernsprechvermittlungssystem S 50“, erklärt Brunhilde Richter. Sie gehört zu den wenigen Frauen, die in der Interessengemeinschaft mitmachen. Gern würden sie noch Mitglieder aufnehmen. Frauen hätten in der vereinseigenen Fachbibliothek ausreichend zu tun oder in der Bestandaufnahme. Und junge Leute sind gefragt. Ein paar technische Kenntnisse und Interesse muss man mitbringen. Fernmeldetechniker muss man nicht zwingend sein. Jeden Donnerstagvormittag treffen sich die Fernmelde-Spezialisten in den Räumen in der Hertha-Lindner-Straße. Eine Hausnummer gibt es nicht. Doch wer aufmerksam am Telekom-Gebäude entlanggeht, entdeckt bald die Plakate, die auf den Verein und seinen Treff hinweisen.

Ausstellung ist eröffnet

Ab Montag stellt sich nun der Verein im Stadtarchiv in der Ausstellung „Zur Kommunikationsgeschichte einer 800-jährigen Stadt“ vor. Liebevoll wurden dafür Telefone und Anlagen hergerichtet und beschriftet, fein säuberlich in Kisten gepackt und ins Stadtarchiv transportiert. Hier auf der Elisabeth-Boer-Straße 1 kann man bis zum 6. Oktober einen Blick hinter die Kulissen der Telefonie werfen.

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