Von Eric Weser
Strehla. Hendrikje Uschner und Strehla TV – das ist ein Pseudonym. Seit über 15 Jahren betreibt die Strehlaerin den Mini-Sender quasi im Alleingang. Theoretisch funktioniert das Geschäftsmodell so: Hendrikje Uschner produziert aktuelle Beiträge zum Stadtleben – egal ob Politik, Kultur, Wirtschaft. Im Programm von Strehla TV wechseln sich diese Inhalte mit Werbung ab, die zum Beispiel von lokalen Unternehmen gegen Geld geschaltet wird. Die Werbegelder finanzieren den Sender und ermöglichen Uschner die journalistischen Beiträge.
So weit die Theorie. Die Realität ist in Strehla eine völlig andere: Hendrikje Uschner verdient ihr Geld derzeit ein ganzes Stück weit weg von Strehla – und in einem Job außerhalb der Medienbranche. Notgedrungen, wie sie sagt. Ein Zustand, der das aufwendige Produzieren des Lokal-Senders extrem erschwere.
Dass Strehla TV inzwischen seit einigen Jahren so vor sich hin dümpelt, dafür macht Uschner die Stadtverwaltung verantwortlich: „Ich bekomme aus der einfach keine Informationen aus dem Rathaus.“ Das habe gravierende Folgen. „Ohne Informationen ist mein Programm nicht attraktiv.“ Das wiederum mache es schwer, Werbeanzeigen zu verkaufen. Die Konsequenz: Strehla TV rechne sich nicht.
Jahrelanges Zerwürfnis
Das Verhältnis zwischen Strehla TV und der Stadt sei seit Jahren problematisch, sagt Hendrikje Uschner. Alles begann, als der Bürgermeister noch Andreas Haberland hieß. Mit einem der damaligen CDU-Stadträte krachte es richtig, es gab sogar einen Gerichtsstreit. Der endete damit, dass der CDU-Stadtrat nicht mehr als Privatmann von Strehla TV gefilmt werden durfte. Besagte CDUler sitzt zwar schon jahrelang nicht mehr im Stadtrat – einfacher wurde es für Strehla TV trotzdem nicht. Auch in der Amtszeit von Ex-Bürgermeister Harry Güldner gab es so gut wie keine Infos aus dem Rathaus, beklagt Hendrikje Uschner.
Jetzt gibt es mit Jörg Jeromin (Freie Wählergemeinschaft) einen neuen Mann an der Rathaus-Spitze. Für Hendrikje Uschner der geeignete Moment, ihr altes Anliegen erneut vorzubringen. Im Stadtrat pochte sie zuletzt auf ihr Recht auf Informationen aus dem Rathaus. Mit einer Anfrage an die Stadt legte sie nach.
Die Stadt macht ihrerseits keinen Hehl aus ihrer bisherigen Blockadehaltung gegenüber dem Lokalsender. Hauptamtsleiterin Martina Knichale begründete den Info-Stopp damit, dass Hendrikje Uschner einst amtliche Mitteilungen der Stadt gekürzt ins Programm von Strehla TV genommen habe. Das war der Stadt nicht genehm, es folgte der Jahre währende Bruch.
Nun sieht aber anscheinend auch die Stadt die Zeit gekommen, ihr Verhältnis zu Strehla TV zu ändern. Hendrikje Uschner soll wieder Informationen erhalten. „Aber natürlich mit der Bestimmung, dass sie es so wiederzugeben hat, wie wir es ihr geben“, so die Hauptamtsleiterin. Das solle vertraglich geregelt werden, so Bürgermeister Jörg Jeromin. Eine Auffassung, die viele Stadträte anscheinend teilen.
Sender droht Verfahren
Für das Senden von Pressemitteilungen soll Hendrikje Uschner zudem Geld womöglich bekommen – von einem „Übertragungsobolus“ ist die Rede. Der soll die unverfälschte Wiedergabe der Infos sichern. Im Gegenzug dafür solle Strehla TV in den Stadtrat kommen dürfen oder „Informationen vorab für alles Mögliche“ bekommen, so Ratsmitglied Andreas Haberland (CDU).
Hendrikje Uschner zeigt sich von derlei Vorstellungen irritiert. Sie wolle kein Geld, sondern als Journalistin die Informationen, die ihr zustünde, von der Stadtrats-Vorlage bis zur Nixenfest-Einladung.
Schützenhilfe bekommt Hendrikje Uschner von der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM). „Frau Uschner hat dieselben Auskunftsrechte wie jedes andere Medium auch: Wenn eine Pressemitteilung der Stadt herausgegeben wird, muss die Stadt, sofern Frau Uschner das wünscht, auch sie mit in den Presse-Verteiler aufnehmen“, sagt Michael Sagurna, Vorsitzender des SLM-Medienrates. Sagurna nennt es „ungewöhnlich“, dass „ein Veranstalter von Lokal-Rundfunk in Sachsen Schwierigkeiten mit der Kommune hat“. Die angestrebte Vertragsregelung sieht Sagurna ebenfalls kritisch: „Dass eine Kommune die Auskunftsgewährung an einen lokalen Rundfunkveranstalter von einem Vertrag abhängig machen will, in dem sie ihm vorschreibt, welche Inhalte und wie sie weiterverbreitet werden dürfen, ist gelegentlich vorgekommen“, so Michael Sagurna. In solchen Fällen müsse die Medienanstalt gegen den Rundfunkveranstalter – also Hendrikje Uschner – ein Verfahren einleiten. Denn: Sie dürfe solche Verträge nicht abschließen. Es gelte das Gebot der Staatsferne.
Wie die Stadt ihr Verhältnis zu Strehla TV regeln will, bleibt abzuwarten. Eine SZ-Anfrage dazu aus der Vorwoche ließ das Rathaus bis zum Montagabend unbeantwortet.