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Stadtgärtner und Aufseher

Der Stolz der Stadt Kamenz auf ihre Grünanlagen ist nicht unbegründet. Zumeist wird ihr Ursprung auf das Wirken des bisher berühmtesten Stadtgärtnermeisters Wilhelm Weiße zurückgeführt. Indes treffen diese Darstellungen nur teilweise zu.

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Von Norbert Portmann

Der Stolz der Stadt Kamenz auf ihre Grünanlagen ist nicht unbegründet. Zumeist wird ihr Ursprung auf das Wirken des bisher berühmtesten Stadtgärtnermeisters Wilhelm Weiße zurückgeführt. Indes treffen diese Darstellungen nur teilweise zu. Von großer Bedeutung für die Geschichte der Stadt Kamenz ist eine weitere Persönlichkeit, die viel zu oft und viel zu lange im Schatten ihres Vorgängers gestanden hat: Ernst Hilscher. Sein Wirken ist mit den Anpflanzungen des Hutberges wie auch denen des Robert-Koch-Platzes sowie des Lessingplatzes in Verbindung zu bringen.

Ernst Hilscher wurde am 9. August 1878 in Jurtsch (Schlesien) geboren. 1892 begann er mit der Lehre im Gartenbau- und Saatzuchtbetrieb Teichert in Strieglau in der Nähe von Breslau. Als 21-Jähriger kam er nach Kamenz zu Gärtnereibesitzer Wilhelm Weiße, wo er rasch mit den verschiedensten fremdländischen Gehölzen, die ihre Heimat in China, Japan und den USA hatten, vertraut wurde.

Hilscher tritt 1916 die Nachfolge von Weiße an

Am 14. Januar 1903 wurde Ernst Hilscher, so gab es das Kamenzer Tageblatt bekannt, als Stadtgärtner und Promenadenaufseher in städtische Dienste genommen. Als Wilhelm Weiße am 9. Juli 1916 starb gingen die Weißeschen Gärten in den Besitz der Stadt Kamenz über. Damit begann die selbstständige gärtnerische Tätigkeit Ernst Hilschers in der Gesamtheit der städtischen Grünanlagen. Dr. Feig, der damals amtierende Bürgermeister, kaufte 1911 in kluger Voraussicht die am Hutberg liegenden Felder auf. Somit waren die Voraussetzungen für die spätere Gestaltung des Hutberges durch die Stadt Kamenz geschaffen.

Die Hutberg-Anlagen sind das Werk Hilschers

Ernst Hilscher schuf mit größtem gärtnerischen Geschick den Rhododendren- und Azaleenhain auf dem Hutberg, der den Ruhm des „Blühenden Berges“ begründete. Weißesche Gärten und Baumschulen - der so genannte blaue Wald bestanden schon auf dem Hutberg, aber erst unter Ernst Hilschers Leitung begannen 1912 die gärtnerischen Arbeiten für die heute noch vorhandenen Anlagen. Es war ein Glück für die Stadt Kamenz, in den darauf folgenden Jahren einen so befähigten und unermüdlichen Gärtner zu haben. Noch im Jahr 1916 gestaltete Hilscher den damaligen Bahnhofsvorplatz, der später in „Lessingplatz“ umbenannt wurde und heute Robert-Koch-Platz heißt. Bis dahin war dieser Platz eine unansehnliche Mulde mit Vorgärten. Im Zweiten Weltkrieg musste die wunderschöne Blumenanlage einem Löschwasserbunker weichen. In den Jahren 1921 bis 1924 war er Mitglied der Deutschen Pedeologischen Gesellschaft (Gesellschaft für Bodenkunde). 1922 entstand unter Ernst Hilschers Anleitung auch der damalige Albertplatz, nach 1945 Offenbach-, Sachsen- und Stalinplatz genannt, der heutige Lessingplatz. Die Gestaltung dieses Platzes ist Beweis und Ausdruck seines gärtnerischen Könnens. Die Vielfalt der Bäume, unter anderen Rotbuchen und Blaufichten und deren harmonisches Zusammenfügen, bestätigten dies.

Als aktives Mitglied der ISIS, eines nach der altägyptischen Göttin benannten Naturkundevereins, trugt Ernst Hilscher wesentlich zur Verbesserung des Naturverständnisses der Menschen bei. Seine zahlreichen wissenschaftlichen Vorträge über die Flora der Oberlausitz und Wanderungen mit ihm waren gern besuchte Veranstaltungen. Anlässlich seines 65. Geburtstages erhielt der Oberstadtgartenmeister Ernst Hilscher durch den Bürgermeister der Stadt Kamenz einen Wandteller mit Kamenzer Wappen aus Meißner Porzellan überreicht. Folgende Inschrift hatte dieser: „Oberstadtgärtnermeister Ernst Hilscher anlässlich des 65. Geburtstages in Anerkennung 43-jähriger hervorragender gartenbaulicher Gestaltung der Stadt Kamenz überreicht durch Bürgermeister. 9. Aug. 1944“.

Beharrliche Arbeit und zahlreiche Experimente

Neben diesen Aktivitäten war Ernst Hilscher Mitglied und Vorstand des Kamenzer Obstbauvereins. Durch beharrliche Arbeit und zahlreiche Experimente erwarb er sich bleibende Verdienste für die Veredlung von Apfelbäumen. Es gelang ihm, mehrere Sorten auf einem Baum zu züchten. Bis 1945 war er Oberstadtgartenbau-Inspektor. Nach einem arbeitsreichen Leben starb er am 30. November 1949.