Von Daniela Pfeiffer
Sie blubberte nur noch lau vor sich hin, jetzt kocht die Deponie-Skandal-Suppe wieder richtig, fast über sogar. Zu den in den vergangenen Wochen voll wieder entflammten Diskussionen kommt nun am Mittwoch der Vorschlag, Matthias Lechner den Meridian des Ehrenamtes 2016 zu verleihen: für seinen unermüdlichen Kampf darum, dass eben jene Suppe endlich die Richtigen auslöffeln müssen. Dafür, dass er jahrelang nach den in seinen Augen wirklich Schuldigen sucht, die durch den fehlerhaften Verkauf der Deponie Kunnersdorf 1998 der Stadt großen Schaden verursachten.
Der Vorschlag, den früheren OB Lechner zu ehren, kommt nicht überraschend von denen, für die er kämpfte: der frisch ins Leben gerufenen „Bürgerinitiative Reinigung des Stadtreinigungsskandals“. Ihr gehört unter anderem Raphael Schmidt an, einer der Aufsichtsräte der früheren Stadtreinigungs GmbH, die für den Schaden zur Kasse gebeten worden waren – zu Unrecht, wie Lechner findet. Das wiedergutzumachen und Aufsichtsräte und Geschäftsführer zu entschädigen, darum kämpft er einen ziemlich einsamen Kampf.
Im Juni wurden zwei seiner Petitionen nach langer Zeit endlich im Stadtrat behandelt, allerdings von teilweise genervten oder desinteressierten Stadträten. Eine SZ-Umfrage unten den Fraktionsvorsitzenden spiegelt nun ein ganz ähnliches Bild wieder: Keiner hat sich die Mühe gemacht, alle Fragen zu beantworten, kaum einer hat Lust, sich auch nur einen weiteren Tag mit diesem Thema zu befassen. Zu komplex ist die Materie, zu lange auch schon her, so oft wurde sie schon besprochen. Es gibt Gutachten, Urteile, den abschließenden Vergleich.
Und neuerdings auch ein Schreiben – dem Vernehmen nach von Landrat Bernd Lange persönlich – das die Debatte nun beenden soll und damit Matthias Lechners Kampf. CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Gleisberg nimmt auf dieses „konkrete Antwortschreiben des Landratsamtes zu den Nachfragen aus der letzten Stadtratssitzung“ Bezug. Dieses untermauere die Auffassung der Verwaltung und der Aufsichtsbehörde selbst, dass der Stadtrat in dieser Sache nicht noch mal tätig werden könne und dürfe. In dem Schreiben vom Landrat stehe auch, dass der Stadtrat sogar falsch handeln würde, wenn er jetzt die gerichtlich getroffenen Festlegungen wie den von allen Seiten geschlossenen Vergleich infrage stelle. Das gehe weit über die Möglichkeiten eines Stadtrates hinaus.
Bürger für Görlitz-Chef Rolf Weidle will mit seiner Fraktion am Montag beraten. Doch auch er sagt: „Die in dem neuen Schreiben enthaltenden juristischen Aussagen bringen noch einmal eine völlig neue Sichtweise.“ Mehr wolle auch er im Moment nicht zu dem Thema sagen. Genau wie Renate Schwarze für die SPD/FDP, die sich bei Abstimmungen zu diesem Thema immer enthalten habe, und Joachim Paulick für „Zur Sache“, der sich damit „nicht mehr auseinandersetzen will“.
Einzig die Linke zeigt hier mehr Engagement. Dass das Thema immer wieder entflammt, liege unter anderem daran, dass es auf vielen Ebenen noch nicht abschließend aufgearbeitet ist“, sagt Fraktionsvorsitzender Thorsten Ahrens. Diese Auseinandersetzung aus der Öffentlichkeit herauszuhalten, sei unausgesprochene Absicht der Sächsischen CDU, gelinge jedoch nicht endgültig. Die CDU sei „zu keinem Zeitpunkt ihrer Verantwortung in dieser Tragödie nachgekommen“. Die Linken seien in ihrer Position seither sehr klar und transparent und kritisieren, dass kein großes Bemühen für eine gerechte Lösung erkennbar wäre. „Für die Zukunft leitet meine Fraktion daraus ab, die Kontrollmöglichkeiten des Stadtrates über die städtischen Beteiligungen zu verbessern.“ Ein Antrag der Linken dazu wird nächste Woche im Stadtrat verhandelt.
Das wird auch mit Raphael Schmidts Meridian-Vorschlag passieren, auch darüber entscheidet schließlich der Stadtrat. Man darf gespannt sein, wie das ausgeht. Bis dahin wird es wohl weiterbrodeln, das Süppchen. Denn Matthias Lechner wird sich vom Schreiben des Landrates sicher nicht in die Knie zwingen lassen. Auf ein Wort