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Stadträte stemmen sich gegen höhere Elternbeiträge

Bautzens Familien sollen im kommenden Jahr mehr für Kita und Hort bezahlen. Die Fraktionen schlagen andere Wege vor.

Von Theresa Hellwig
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Wer muss für die Betreuung der Kinder aufkommen? Einige Bautzener Stadträte sprechen sich gegen die drastische Erhöhung der Elternbeiträge aus, die die Verwaltung vorsieht. Zulasten fallen würde das dem Bautzener Stadt-Haushalt.
Wer muss für die Betreuung der Kinder aufkommen? Einige Bautzener Stadträte sprechen sich gegen die drastische Erhöhung der Elternbeiträge aus, die die Verwaltung vorsieht. Zulasten fallen würde das dem Bautzener Stadt-Haushalt. © Symbolfoto: dpa/Monika Skolimowska

Bautzen. Ja, auch in der Kita im Oberland, in der Kristin Brückner arbeitet, gibt es mittlerweile mehr Personal, um einen guten Betreuungsschlüssel zu gewährleisten. Und ja, die Kosten für Strom, Wasser und Energie steigen – ebenso wie die Personalkosten. Die Chefin des Stadtfamilienrates weiß das alles, sie bekommt es ja jeden Tag auf der Arbeit mit – und doch: „Die Erhöhung der Kitabeiträge trifft viele ganz empfindlich“, sagt sie.

„Besonders Familien, die gerade einmal so viel verdienen, dass sie ganz knapp nicht bezuschusst werden, leiden unter den steigenden Kosten.“ Das Vorgehen der Stadt Bautzen ärgert Kristin Brückner. Denn dass die Kitabeiträge steigen werden, ist länger bekannt. Nun hat die Stadt aber erstmals konkrete Zahlen vorgelegt – und die haben es in sich.

Verständlich, dass Erzieher besser bezahlt werden, finden die Bautzener Stadträte – und stemmen sich dann dennoch recht geschlossen gegen das, was die Stadt da vorgelegt hat. Nach dem Willen der Verwaltung sollen die neuen Elternbeiträge spätestens ab Mai gelten. Anfang des kommenden Jahres sollen die Stadträte über den Vorschlag abstimmen. „Wir werden der Vorlage nicht zustimmen“, sagt SPD-Fraktionschef Roland Fleischer mit entschlossenem Tonfall und ist damit nicht der Einzige. Auch Karin Kluge, stellvertretende Fraktionsvorsitzende des Bürgerbündnis Bautzen, sagt das, und andere Stadträte machen ebenfalls ihrem Unmut Luft. „Unsere Fraktion lehnt eine – wie auch immer geartete – Erhöhung der Elternbeiträge ab“, sagt Steffen Grundmann von den Linken. „Wir werben seit Jahren für eine Absenkung der Beitragssätze“, erklärt auch Mike Hauschild von der FDP.

Tatsächlich hätte die Stadt Handlungsspielraum, wenn sie wollte. Das Sächsische Kitagesetz legt fest, dass sich die Kommune bei den Beiträgen mit den Trägern der Kindereinrichtungen und dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe abstimmen muss. Der Freistaat lässt Spielräume für den Anteil der Eltern. In Kinderkrippen kann der Elternbeitrag zwischen 15 bis 23 Prozent der Betriebskosten liegen, in Kindergärten zwischen 15 und 30 Prozent und im Vorschuljahr, beziehungsweise im Hort, bis höchstens 30 Prozent. In Bautzen tragen die Eltern jeweils etwa den Höchstsatz: in der Kinderkrippe 23 Prozent, im Kindergarten 29 Prozent und im Hort 30 Prozent.

Verwaltung befürchtet Haushalts-Schieflage

Ein Punkt, an dem man nachbessern könnte, wenn man einige der Stadträte fragt. Die FDP-Fraktion fordert eine Absenkung innerhalb der Möglichkeiten, wenn auch nicht ans ganz untere Ende. Und Dirk Lübke von der CDU-Fraktion, der sich bis dato noch nicht eindeutig zum Antrag der Stadt positionieren möchte, erklärt, dass die Stadtverwaltung nicht mit den Höchstsätzen durchkommen werde, sondern die Beiträge in der Mitte liegen sollten. Claus Gruhl von den Grünen findet ebenfalls, dass sich die Verwaltung auf die Stadträte zubewegen muss, und auch Karin Kluge spricht sich dafür aus, die Prozente zu senken. Am Ende, so sieht es Steffen Grundmann von den Linken, dürften die Eltern durch die prozentuale Absenkung auf keinen Fall mehr zahlen, als sie es jetzt tun.

Vor allem eines ärgert die meisten Stadträte: „Die Stadt hat ein Leitbild 2030 erarbeitet, das einen Schwerpunkt auf Familien und Familienfreundlichkeit legt“, erinnert Mike Hauschild. „Es gibt bisher aber keine tatsächlichen Handlungen in diese Richtung.“ Die Stadt sende damit ein falsches Signal, findet Karin Kluge. „Wenn wir Anreize für Familien schaffen wollen, müssen wir Geld in die Hand nehmen“, findet Grundmann. Ansonsten dürfe die Stadt auch nicht jammern, wenn sie Einwohner verliere. Und auch Roland Fleischer sagt: „Wenn uns Kinder wichtig sind, dann ist die Betreuung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und nicht nur die der Eltern.“ Was er damit meint: Die höheren Kosten müssten durch Steuern und Einnahmen, also durch den städtischen Haushalt, gedeckt werden.

Die Verwaltung hingegen versucht, diesem Argument den Wind aus den Segeln zu nehmen, schon bevor es überhaupt aufkommen kann: „Jeder noch so ehrenwerte Vorschlag einzelner Fraktionen, die Eltern zu entlasten oder gar von der Finanzierung der Kinderbetreuung zu entbinden, würde den städtischen Haushalt in eine Schieflage versetzen und bedarf zwingend einer nachhaltigen Gegenfinanzierung“, heißt es noch in derselben Mitteilung, in der die Stadt die geplante Erhöhung verkündet.

Hoffen auf Unterstützung vom Freistaat

„Wir halten die Systematik für ungerecht“, erklärt Roland Fleischer und trägt eine Idee vor, die nicht unter allen seiner Stadtrats-Kollegen auf Beifall trifft: „Man könnte die Beiträge einkommensabhängig gestalten.“ Claus Gruhl von den Grünen plädiert ebenfalls für diese Lösung, die in einigen anderen Bundesländern bereits gang und gäbe ist. Wer mehr verdient, gibt mehr für dieselbe Leistung – so der Gedanke. „Wir müssen auch an sozialschwache Familien denken und sie unterstützen“, erinnert Fleischer. Dirk Lübke von der CDU plädiert vor allem dafür, Ruhe in die regelmäßig aufkommende Debatte zu bringen, indem die prozentuale Höhe der Beiträge für längere Zeit festgeschrieben wird.

Auf Unterstützung, und da gehen die Fraktionen wieder zum Großteil d’accord miteinander, hoffen die Stadträte vom Freistaat. Grundmann fasst das zusammen: „Eine angemessene Bezahlung und leistbare Arbeitsbedingungen in den Kitas sind das Mindeste, was Erzieherinnen und Erzieher erwarten dürfen. Es ist aber auch eine große Verantwortung des Landes, dies – auch finanziell – zu ermöglichen.“

Die AfD-Fraktion hat die Anfrage der SZ nicht beantwortet.

So würden sich die Preise verändern:

Ein Neun-Stunden-Krippenplatz würde demnach künftig 250 Euro pro Monat kosten, das wären 40 Euro mehr als bisher.

Für einen Neun-Stunden-Platz im Kindergarten müssten Eltern jeden Monat 18 Euro mehr bezahlen – also 146 statt 128 Euro .

Für einen Sechs-Stunden-Platz im Hort wären es zehn Euro mehr – nicht mehr 74 Euro, sondern 84.

(Die Angaben sind vorläufig, die Entscheidung liegt beim Stadtrat.)

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