Von Frank Seibelund Christine Marakanow
Vor zwei Jahren hatte die Wohnungsbaugesellschaft (WBG) die Modernisierung der Jugendherberge in der Goethestraße als zu teuer befunden. Die Herberge sollte in einen schmucklosen Bau südlich vom Bahnhof verlegt werden. Der Plan scheiterte im vorigen Jahr am Nein des Freistaates: Für den Umbau gab es kein Geld.
Nun wagte der Stadtrat einen neuen Vorstoß: Die Jugendherberge soll bleiben, wo sie ist, nämlich in einer der schönsten Villen, die Görlitz zu bieten hat. „Die überwiegende Mehrheit der Görlitzer ist dafür, dass die Herberge in der Goethestraße bleibt“, sagte Stadtrat Günter Friedrich (Bürger für Görlitz e.V.) jetzt im Stadtrat. Die Bürger-Fraktion hatte gemeinsam mit der CDU den Antrag eingebracht, nun alles auf den Erhalt der traditionsreichen Herberge in der Ephraim-Villa zu setzen. Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung folgte das Parlament mit großer Mehrheit diesem Vorstoß.
Zwar seien 1,5 bis 2 Millionen Euro nötig, um die Villa nach bald 30 Jahren Nutzung als Jugendherberge wieder „frisch“ zu machen. „Doch dieser Einsatz dürfte auf lange Sicht auch Zinsen bringen“, sagte Günter Friedrich. Denn die schöne Herberge sei ein ideales Aushängeschild für die Stadt. Es gebe in ganz Deutschland etwa 50 Städte, die ihre Jugendherberge in einem Schloss, einer Burg oder in einem anderen besonders attraktiven Gebäude untergebracht haben. Die Ephraim-Villa in der Goethestraße würde nach Einschätzung des Stadtrates gut in diese Reihe passen. Wie populär das alte Haus ist, zeigen nach Friedrichs’ Einschätzung die guten Besucherzahlen.
„Wir haben in Görlitz trotz des desolaten Zustands die höchste Auslastung aller Jugendherbergen in Sachsen.“
Bei der Sanierung des Hauses müssten Duschen und Toiletten komplett neu gestaltet werden. Die jetzigen Sammelduschen sind nicht mehr zeitgemäß. Wenn mit der Erneuerung begonnen wird, „fällt der Bestandsschutz weg“, argumentierte WBG-Chef Gerd Kolley. Flickwerk könne es nicht geben. Wenn, dann müsse alles saniert werden, und man müsse den aktuellen Brandschutzbestimmungen gerecht werden.
Auch galt die Herberge mit ihren etwa 90 Betten als zu klein. Das Problem scheint gelöst. Nachdem die Herbergs-Eltern aus dem Haus ausgezogen sind, sei zusätzlicher Platz für die Gäste gewonnen, sagte Günter Friedrich.
Kolley wird nun Post und Besuch von der Stadtverwaltung bekommen. Er soll für die Sanierung einen Eigenanteil beisteuern. So viel, wie die Villa wert ist, soll er in den Topf legen, um dann Fördermittel der EU abrufen zu können. Der Stadtrat hofft vor allem auf den Europäischen Sozialfonds EFRE, der ein Programm zur Belebung der Innenstadt aufgelegt hat. In dieses Programm, das vor allem das Gründerzeitviertel im Zentrum der Stadt stärken soll, möchte der Stadtrat die Jugendherberge einbeziehen.
Der WBG-Geschäftsführer hat „nichts gegen die Nutzung der Villa, wenn die Finanzierung klar ist“. Der jetzige Beschluss ist für ihn ein richtiger Ansatz. Er habe bislang die Modernisierung nur aus Kostengründen abgelehnt. Finanzbürgermeister Rainer Neumer (CDU) hat in den Jahresabschluss 2002 der städtischen Gesellschaft geschaut und sagte: „Die Bilanz ließe es zu, den Verkehrswert zu finanzieren.“ Kolley bestätigt dies, allerdings bezifferte er diesen Wert nicht. Er gab zu bedenken, dass die Wege der Finanzierung noch zu erschließen seien. Bei 70 bis 80 Prozent Förderung sei die Sanierung machbar.