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Stadtrat Weißwasser segnet Sparkonzept ab

Dieser Beschluss ist eine der Voraussetzungen, um 2020 nach zwei Jahren ohne Haushalt in der Stadt endlich mal wieder gestalten zu können.

Von Constanze Knappe
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© kairospress

Bis 2023 wird Weißwasser nach Aussage von Stadtkämmerer Rico Jung das Haushaltsdefizit von drei Millionen Euro ausgeglichen haben. Mehrheitlich hat der Stadtrat am Dienstag ein Haushaltsstrukturkonzept verabschiedet. Ein solches gab es bereits 2019. Im September erhielt die Stadt eine Haushaltsverfügung. In dem Schreiben erteilte die Rechtsaufsicht Auflagen, drängte unter anderem auf eine Anhebung der gemeindlichen Steuersätze. Im November sollte der Stadtrat den sogenannten Beitrittsbeschluss fassen. Weil die Räte den Vorgaben jedoch nicht zustimmten, bekam die Stadt ihren Haushalt nicht genehmigt. Ungeachtet dessen stand die Forderung der Behörde, das Haushaltsstrukturkonzept 2020 fortzuschreiben.

Keine Mehrheit für Vertagung

Mit einem Antrag zur Geschäftsordnung wollte Ronald Krause (SPD) die Vertagung des Beschlusses erreichen. Vor vier Jahren habe er an gleicher Stelle gestanden und gesagt, dass der Stadt ohne Kreditaufnahme sämtliches Geld ausgehen wird. Mittlerweile seien die Rücklagen aufgebraucht und die Stadtkasse weise ein großes Minus auf. Er sieht weiteren Abstimmungsbedarf, weil mit den angestrebten Mehreinnahmen die Mehraufwendungen für Personal höchstens zu zwei Dritteln ausgeglichen werden könnten. „Und die seit zehn Jahren diskutierte Senkung des Zuschusses für die Schwimmhalle ist die Karteileiche schlechthin. Es gab zu keiner Zeit ernsthafte Maßnahmen“, warf er der Verwaltung vor und ließ weitere Beispiele folgen. „Kurzum, es passt hinten und vorne nicht“, so Ronald Krause. Auch wandte er sich dagegen, die Sätze der gemeindlichen Steuern über den Landesdurchschnitt zu erhöhen. „Um den kommunalen Haushalt zu sanieren, kann man nicht die privaten Haushalte ruinieren“, erklärte er.

Oberbürgermeister Torsten Pötzsch (Klartext) warf ein, dass über das Konzept mehrfach diskutiert worden sei, aber immer dann, wenn es um die Entscheidung geht, Räte das Thema vertagen wollen. Um die Unterstützung des Freistaats zu kriegen, müssten die Steuersätze über dem Landesdurchschnitt liegen. Man tausche sich beinahe wöchentlich mit der Rechtsaufsicht aus. „Ohne Strukturkonzept bekommt die Stadt ihren Haushalt nicht genehmigt und ohne Haushalt sind uns die Hände gebunden“, sagte er. Deshalb hatte die Verwaltung in der Sitzung am Dienstag Zwischenbeschlüsse auf die Tagesordnung gesetzt, um dennoch den dritten Bauabschnitt der Kita Ulja und die Sanierung des Wasserturms auf den Weg zu bringen.

„Jetzt so aufzutreten, das ist anmaßend“, wandte sich Timo Schutza (Klartext) an Ronald Krause. Die Verwaltung wie auch die Räte hätten sich einen Kopf über Einsparungen gemacht. „Den Beschluss zu verschieben, das ist nicht zielführend“, sagte er. Das bekräftigte auch der OB. Es sei das gleiche Spiel wie in den vergangenen Jahren: Mit einer Verschiebung käme man in die Sommerpause, so Torsten Pötzsch.

Mehr Steuern und Zuschüsse

„Die positive Botschaft ist, dass wir den Wasserturm machen können. Aber wir haben noch andere Baustellen und dafür brauchen wir den Haushalt“, appellierte er an die Räte. Eine Mehrheit von ihnen sah das offenbar genauso und lehnte den Antrag des SPD-Stadtrats auf Vertagung ab.

Stadtkämmerer Rico Jung verwies noch einmal auf einige Eckdaten des Sparkonzepts. So sei in den nächsten Jahren mit einem deutlich höheren Steueraufkommen aus den Anteilen an der Einkommens- und Umsatzsteuer zu rechnen. Auch bekommt die Stadt höhere Schlüsselzuweisungen, was alles zusammen etwa eine Million Euro ausmacht. Die Grundsteuer A soll von 320 auf 375 und die Grundsteuer B von 420 auf 488 Prozentpunkte angehoben werden. Das würde zu Mehreinnahmen von 290.000 Euro pro Jahr führen. Besitzer eines Eigenheims würden mit 27 Euro pro Jahr mehr belastet, bei einer Drei-Zimmer-Wohnung wären es pro Jahr 13 Euro mehr. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer ist nicht vorgesehen. Allerdings wird mit einer „signifikanten Besserung“ im Gewerbesteueraufkommen gerechnet. 2023 bringt das dem städtischen Haushalt 950.000 Euro. Zudem gehe man von neuen Gewerbeansiedlungen im Strukturwandel aus.

Weniger Ausgaben für Personal

Gespart wird auch beim Personal. Und zwar dahingehend, dass die Ist-Stärke durch Langzeiterkrankungen, nicht besetzte Stellen oder Wiederbesetzung mit geringeren Entgeltansprüchen deutlich unter den Plandaten liegt. Damit fallen pro Jahr drei Prozent weniger Personalkosten an, was eine Ersparnis von 300.000 Euro bedeutet. Das Budget für Instandhaltungen wird ab 2023 um 400.000 Euro gekürzt.

Eine Gebührenerhöhung für die Nutzung kommunaler Sportstätten soll 60.000 Euro bringen. Gemäß einem Gutachten des Kommunalberaters Klaus Hardrath müssten die Gebühren für Erwachsene um dreißig und für Kinder um zehn Prozent steigen. Auch öffentliches Schwimmen und freies Eislaufen sollen teurer werden.

Das Sparpaket enthält Vorschläge, was die Stadt perspektivisch angehen will. So soll es ab 2021 in einer Schule zwei Halbtagsstellen für Essenausgabe und Reinigung geben, um die Kosten mit denen für ausgegliederte Leistungen zu vergleichen. „Wir versprechen uns daraus eine Einsparung“, so der OB. Anders als noch vor 15 Jahren, als es üblich war, alles auszugliedern, hätten viele Kommunen inzwischen eine Rolle rückwärts gemacht, sagte er.

Verwaltung will nichts schließen

Was die Liste mit den freiwilligen Leistungen angeht, betonte Torsten Pötzsch erneut, dass die Verwaltung nicht vorschlagen werde, die Eisarena zuzumachen oder den Tierpark oder die Bibliothek. „Bis vor einigen Jahren ist man in Sachsen der Ansicht gewesen, dass in der Haushaltkonsolidierung gekürzt werden muss, bis nichts mehr da ist. Da haben sich die Ansichten gewandelt“, erklärte er. Und, dass auch aus dem Gutachten von Hardrath hervorgehe, „dass es nicht sinnvoll ist, alle weichen Standortfaktoren abzuschaffen.“

Es würden Varianten für eine effizientere Betreibung der Schwimmhalle geprüft etwa durch einen privaten Dritten, interkommunale Zusammenarbeit oder die Gründung einer Betreibergesellschaft mit der Gemeinde Krauschwitz. Die Straßenbeleuchtung hätten andere Kommunen entweder komplett an den Energieversorger abgegeben oder schalten sie nach 22 Uhr ab. In Weißwasser befasse man sich stattdessen aber mit der Frage der Umrüstung auf energiesparende LED.

Das 33-seitige Konzept enthält 13 Maßnahmen. Es muss von der Kommunalaufsicht des Landkreises Görlitz bestätigt werden – als Voraussetzung dafür, beim Freistaat Bedarfszuweisungen beantragen und den Haushalt 2020 erstellen zu können. Letzteres soll bis April erfolgen. Mit einem bestätigten Haushalt wäre Weißwasser – nach zwei Jahren ohne Haushalt – wieder in der Lage, zu gestalten und nicht allein nur Pflichtaufgaben abzuarbeiten.

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